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Kirchengericht:Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
Entscheidungsform:Urteil
Datum:25.10.2002
Aktenzeichen:VG 02/02
Rechtsgrundlage:§ 2 Kirchenverfassungsgesetz; Art. 140 GG, Art. 137 Abs. 3 Weim. Verf.; § 2 KVwGG; § 57 Abs. 2 Nr. 2 Württ. Pfarrergesetz; § 58 Württ. Pfarrergesetz
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Beachtlichkeit von Verfahrensregeln, Besetzung des Gerichts, Versetzung eines Pfarrers in den Wartestand

Leitsatz

und Urteil des Verwaltungsgerichts
der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
vom 25. Oktober 2002

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Leitsatz:

  1. Die Mitwirkung von Mitgliedern der Landessynode bei Entscheidungen des Verwaltungsgerichts der Landeskirche ist mit der Kirchenverfassung vereinbar.
  2. Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes kann nicht allein aus formellen Gründen verlangt werden, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können (vgl. § 46 LVwVfG a.F.).
  3. Der Oberkirchenrat ist befugt, die Versetzung eines Pfarrers in den Wartestand von Amts wegen zu betreiben; eines Antrags des Besetzungsgremiums bedarf es nicht.
  4. Zur Frage, wann die Stellung eines Pfarrers in der Gemeinde unhaltbar geworden ist.
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Az: VG 02/02
In der Verwaltungsrechtssache
Pfarrer …
- Kläger -
prozessbevollmächtigt:
...
...
gegen
die Evangelische Landeskirche in Württemberg,
vertr. durch den Oberkirchenrat,
dieser vertr. d. d. Direktorin im Oberkirchenrat,
Frau Oberkirchenrätin Rupp,
Gänsheidestraße 4, 70184 Stuttgart
- Beklagte -
wegen
Versetzung in den Wartestand
hat das Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg durch den Richter am Verwaltungsgericht Dipl.-Theol. Rainer E. Müller als Vorsitzenden den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dieter Eiche als Mitglied mit der Befähigung zum Richteramt
die Pfarrerin Erika Schlatter als ordiniertes Mitglied
den Pfarrer Christian Kohler als ordiniertes Mitglied
den Rechtsanwalt Dr. Dieter Deuschle als nichtordiniertes Mitglied
auf die mündliche Verhandlung vom 25. Oktober 2002 für Recht erkannt:
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Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
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Tatbestand:

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Der Kläger wendet sich gegen seine Versetzung in den Wartestand.
Der Kläger wurde im Jahre 1943 geboren, im Jahre 1962 legte er sein Abitur ab. Nach seinem Theologie-Studium war er zunächst in der Zeit von 1972 bis 1982 Pfarrer in Freudenstadt-Wittlensweiler, anschließend bis 31. März 1999 Pfarrer in Steinenbronn. Mit Wirkung vom 1. April 1999 wurde er auf die Pfarrerstelle I R., Dekanat Leonberg, ernannt.
Im Jahre 2000 kam es erstmals zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kläger und dem Kirchengemeinderat. Dies führte u. a. dazu, dass sich die erste Vorsitzende des Kirchengemeinderats mit Schreiben vom 5. Dezember 2000 an den Kirchengemeinderat wandte und erklärte, in Absprache mit dem Dekan wolle sie ihr Amt vorläufig ruhen lassen. Ein weiteres Schreiben richtete sie unter dem Datum vom 27. Dezember 2000 an Frau Prälatin M. und teilte mit, dass sich das Vertrauensverhältnis zwischen dem Kirchengemeinderat und dem Kläger während der letzten Monate so verschlechtert habe, dass eine gedeihliche Zusammenarbeit nicht mehr möglich sei. Es hätten sich im Laufe des Herbstes massive Konflikte ergeben, über die eine Verständigung ausgeschlossen scheine. Ein angestrebtes Gespräch sei vom Kläger nicht wahrgenommen worden. In der folgenden Sitzung des Kirchengemeinderats, an der Dekan Dr. F. als Gesprächsleiter teilgenommen habe, seien zwei Forderungen seitens des Kirchengemeinderat an den Kläger herangetragen worden, einmal solle er eine qualifizierte Supervision in Anspruch nehmen und zum anderen solle er dies mit einer begleitenden „Auszeit“ verbinden. Bis diese Forderungen erfüllt sei, sehe sie, die erste Vorsitzende, sich außer Stande, ihr Amt wieder aufzunehmen. Das Schreiben war von neun weiteren Mitgliedern des Kirchengemeinderats mitunterzeichnet.
Daraufhin wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 2. Januar 2001 an Frau Prälatin M. und schilderte die Situation in der Gemeinde aus seiner Sicht. Konfliktpunkte hätten sich vor allem im Hinblick auf das Verhältnis zur Thüringer Partnergemeinde ergeben; Differenzen bestünden auch, was die Biblisch-Therapeutische Seelsorge angehe, diese werde in R. nicht den Richtlinien der Landeskirche entsprechend durchgeführt. Darüber hinaus sei geplant, ein Buch über die Petruskirche in R. herauszugeben, was vom Kirchengemeinderat unterstützt werde. Bei Durchsicht des Buches habe er schwerwiegende Mängel festgestellt und dies dem Autor mitgeteilt. Mitglieder des Kirchengemeinderats meinten aber, der Autor dürfe schreiben, was er wolle. Konflikte habe es darüber hinaus über das Verhältnis zu einer kurdischen Asylbewerberfamilie gegeben. Mit der ersten Vorsitzenden des Kirchengemeinderats gebe es auch Meinungsdifferenzen über die Abhaltung verkaufsoffener Sonntage. Auch in organisatorischer Hinsicht meine er, dass manches in R. im Argen liege. So habe er beispielsweise auf die Unterscheidung zwischen öffentlicher und nichtöffentlicher Sitzung des Kirchengemeinderats hinwirken müssen. Ferner habe er auch Amtsanmaßungen der Gemeindediakonin feststellen müssen. Betonen wolle er, dass er den Konflikt nicht gesucht habe; so habe er sich auch in seiner Predigt am 3. Advent erkennbar für Versöhnung ausgesprochen. Dienstliche Verfehlungen jedenfalls könnten ihm nicht vorgeworfen werden. Eine weitere gedeihliche Zusammenarbeit schließe er nicht aus, sofern der Brief vom 27. Dezember 2000 in dieser Form nicht aufrecht erhalten werde. Er habe es allerdings nicht verdient, demütig neu anfangen zu müssen und von der Gnade leben zu müssen, dass man die Pfarrstelle überhaupt noch versehen dürfe. Vielen könne er nicht mehr unbefangen begegnen. Für ihn gebe es deswegen nur einen Ausstieg aus dem Gemeindepfarramt und keine Auszeit. Derzeit habe er die Lust am Gemeindepfarramt verloren. Mit seinen bald 58 Jahren habe er in diesem Bereich genug geleistet. Nachdem er vieles gegen seine innere Einstellung akzeptiert bzw. geschluckt habe, suche er eine neue Selbstidentität. Auch wolle er mehr Zeit für seine Frau haben. Er bittet deshalb die Kirchenleitung darum, ihm eine neue Lösung abseits vom Gemeindepfarramt anzubieten, die seinen oft erwiesenen speziellen Stärken gerecht werde.
Mit Schreiben vom 31. Januar 2001 stellte die erste Vorsitzende des Kirchengemeinderats „namens und im Auftrag des Kirchengemeinderats“ den Antrag auf Einberufung des Besetzungsgremiums zum nächst möglichen Zeitpunkt mit dem Ziel, den Kläger in den Wartestand zu versetzen. Zur Begründung wurde dargelegt, trotz vieler Versuche des Kirchengemeinderats zu einer Klärung sei das Verhältnis zum Kläger so gestört, dass keine Möglichkeit einer gedeihlichen Zusammenarbeit mehr gesehen werde.
Am 13. März 2001 fand daraufhin eine Sitzung des Besetzungsgremiums für die Pfarrstelle R. I statt, die jedoch ohne konkrete Beschlussfassung endete. Bei der Sitzung wurde die bereits erwähnte Konfliktsituation erörtert. Zu dem hierüber gefertigten Protokoll nahm der Kläger mit Schreiben vom 11. Mai 2001 Stellung.
Am 26. Juni 2001 fand ein Gespräch von Prälatin M. mit den gewählten Mitgliedern des Kirchengemeinderat statt, in dem die Frage angesprochen wurde, ob dem Kläger ein erfahrener Amtsbruder als Mentor zur Seite gestellt werden solle. Hieran schloss sich am 12. Juli 2001 ein Gespräch beim Oberkirchenrat an, an dem der Kläger, Prälatin M., Dekan Dr. F. und Pfarrer B. als Mitglied der Pfarrervertretung teilnahmen. Schließlich fand am 17. Juli 2001 unter Leitung von Frau Prälatin M. ein weiteres Gespräch statt, an dem der Kläger, dessen Amtsbruder von der Kirchengemeinde II in R., Pfarrer G., alle gewählten Mitglieder des Kirchengemeinderats und die Frau des Klägers teilnahmen, außerdem ein weiterer Pfarrer, der vom Kläger als „Zeuge“ eingeladen worden war. Bei dem Gespräch wurde versucht, eine Klärung der Konfliktsituation herbeizuführen. In der schriftlichen Aufzeichnung von Frau Prälatin M. über das Gespräch heißt es am Ende, ein „vorzeigbares Ergebnis“ habe das Gespräch nicht gebracht.
Mit Schreiben vom 6. September 2001 wandte sich die erste Vorsitzende des Kirchengemeinderats im Namen der gewählten Mitglieder des Kirchengemeinderats an den Dekan und teilte diesem mit, sie seien gemeinsam zur Überzeugung gekommen, dass eine gedeihliche Zusammenarbeit mit dem Kläger nicht in ausreichendem Maße mehr möglich sei. Deshalb werde die Bitte an den Oberkirchenrat herangetragen, sie aus dem Mandat als Kirchengemeinderäte zu entlassen. Diese Erklärung wurde am 9. September 2001 im Gottesdienst der Gemeinde verlesen. In der Folgezeit wurde auch in den Lokalnachrichten der Zeitungen über den Konflikt in der Kirchengemeinde R. berichtet.
In der Zeit vom 14. September bis zum 14. Oktober 2001 nahm der Dekan des Dekanatsamts Leonberg, Dekan Dr. F., eine vorgezogene Zwischenvisitation vor. Der Visitationsbescheid wurde am 14. Oktober 2001 der Gemeinde im Gottesdienst bekannt gegeben. In dem Bericht ist davon die Rede, dass es zu einem Riss zwischen dem Kläger und den gewählten Mitgliedern des Kirchengemeinderats gekommen sei. Der Riss habe sich seit längerer Zeit schon abgezeichnet und sei dann immer deutlicher und spürbarer geworden; nunmehr sei der Riss offen, die Wunde blute. Es sei lange versucht worden, in vielerlei Gesprächen und in verschiedenen Zusammensetzungen Klärungen herbeizuführen und gemeinsame Wege und Auswege zu finden, letztendlich seien diese Versuche aber gescheitert. Das Problem liege nicht darin, dass der Kläger sich eines signifikanten dienstlichen oder persönlichen Vergehens schuldig gemacht habe, das Problem liege auch nicht darin, dass dem Kirchengemeinderat „Unregelmäßigkeiten“ zum Vorwurf zu machen seien. Das Problem liegt ganz offensichtlich auf der Ebene der Kommunikation, der Ebene des zwischenmenschlichen und kollegialen Miteinanders. Gemeinsam sei beiden Seiten nur das Gefühl der tiefen Enttäuschung und das Gefühl, jeweils von der anderen Seite verletzt worden zu sein.
Dieser Visitationsbericht wurde ergänzt durch ein Schreiben von Dekan Dr. F. an den Oberkirchenrat vom 31. Oktober 2001. Der Dekan berichtet darin u. a. über den konkreten Inhalt von Gesprächen mit Gemeindemitgliedern. Dabei sei zur Sprache gekommen, dass manche den Kontakt mit dem Kläger zu meiden versuchten. Es seien Klagen zu hören gewesen, der Kläger höre nicht richtig hin, sei misstrauisch, verstehe alles gegen sich gerichtet, sei kompliziert, umständlich und formalistisch im Umgang. Auch von Mitgliedern des CVJM sei von Schwierigkeiten in der konkreten Zusammenarbeit mit dem Kläger berichtet worden. Nach Einschätzung von Dekan Dr. F. gehe Hand in Hand mit dem beim Kläger bestehenden Kommunikationsproblem ein signifikantes Wahrnehmungsproblem, das auch die Konfliktfähigkeit des Klägers aufs Höchste beeinträchtige. Der Kläger meine, er sei von Anfang an in R. nicht anerkannt worden, man habe ihm seine Aufgabe als geschäftsführender Pfarrer streitig gemacht, er habe sich von den hauptamtlich Mitarbeitenden (Pfarrer G. und einer Diakonin) und vor allem durch die Mitglieder des Kirchengemeinderats „umzingelt“ und „gejagt“ gefühlt. Der Kläger neige, zu einer tragischen Michael Kohlhaas-Figur zu werden. Dieser ergänzende Bescheid wurde dem Kläger bis zum Erlass der hier streitigen Verfügung nicht zur Kenntnis gegeben.
Nachdem sich für die Kirchengemeinderatswahl am 11. November 2001 keine ausreichende Anzahl von Kandidatinnen und Kandidaten gefunden hatte, wurde vom Oberkirchenrat am 6. November 2001 eine ortskirchliche Verwaltung eingesetzt.
Mit Bescheid des Oberkirchenrats vom 13. Dezember 2001 wurde der Kläger gemäß § 57 Abs. 2 Nr. 2 Württembergisches Pfarrergesetz - PfGes - mit Wirkung vom 1. Januar 2002 in den Wartestand versetzt. Im Kircheninteresse wurde die sofortige Vollziehung der Entscheidung angeordnet. Der Bescheid ging dem Kläger am 15. Dezember 2001 zu.
Zur Begründung wurde dargelegt, die Stellung des Klägers in der Kirchengemeinde R. sei unhaltbar geworden. Dies ergebe sich daraus, dass der Konflikt zwischen ihm und den gewählten Mitgliedern des Kirchengemeinderats, der in deren Rücktritt eskalierte, über diesen hinaus ganz erheblich in das Gemeindeleben hineingewirkt und insbesondere über mehrere Presseberichte öffentliches Aufsehen erregt habe. Das Hineinwirken dieses Zerwürfnisses in das Gemeindeleben sei vor allem daraus ersichtlich, dass im Wesentlichen dadurch bedingt für die turnusgemäß anstehende Neuwahl des Kirchengemeinderats ein Wahlvorschlag nicht zustande gekommen sei und eine ortkirchliche Verwaltung habe eingesetzt werden müssen. Bei der Beurteilung, ob der Verbleib eines Pfarrers in der Gemeinde noch möglich sei, komme es nicht darauf an, wer für die eingetretene Entwicklungen hauptsächlich verantwortlich sei, insbesondere sei mit der Versetzung in den Wartestand auch keine einseitige Schuldzuweisung an den Kläger verbunden. Der Oberkirchenrat sei sich vielmehr bewusst, dass die Konfliktanteile mehr oder weniger auf alle unmittelbar handelnden Beteiligten und betroffenen Personen verteilt seien. Die lange Dauer des Konflikts und dessen sicherlich zermürbende Wirkung für den Kläger lasse ein gedeihliches Wirken auf einer anderen Stelle zunächst nicht erwarten. Im Übrigen habe der Kläger selbst eingeräumt, dass er ein ordentliches Bewerbungsverfahren derzeit nicht durchstehen würde. Auch habe er bereits in seinem Schreiben vom 2. Januar 2001 zum Ausdruck gebracht, dass er die Lust am Gemeindepfarramt verloren habe und für sich nur einen Weg abseits vom Gemeindepfarramt sehe. Auch gerade unter dem Gesichtspunkt seiner Fürsorgeverantwortung sei der Oberkirchenrat deshalb zu der Auffassung gelangt, dass der Kläger derzeit ohne ein gewisses Moratorium, währenddessen er die Gelegenheit habe, die gegenwärtige Situation hinter sich zu lassen und neue Kraft zu schöpfen, keine neue Gemeinde oder andere Stelle übernehmen solle. Der Oberkirchenrat sei deshalb der Auffassung, dass ohne diese - möglicherweise nur vorübergehende - Zäsur, ein gedeihliches Wirken in einer anderen Gemeinde oder in einem anderen Arbeitsbereich zunächst nicht möglich sein werde. Auch unter Berücksichtigung der persönlichen und familiären Situation erscheine die getroffene Maßnahme nicht unverhältnismäßig.
Am 15. Januar 2002 hat der Kläger das Verwaltungsgericht angerufen. Zur Begründung der Klage wird vorgetragen, der angefochtene Bescheid sei aus formellen und materiellen Gründen rechtswidrig.
Die Besetzung des Gerichts, dessen Vorsitzender Mitglied der Landessynode sei, sei verfassungswidrig. Die verfassungsmäßig notwendige Trennung zwischen Judikative und Legislative sei dadurch nicht gegeben. Insoweit werde beantragt, das Verfahren gemäß § 9 Abs. 3 KVwGG auszusetzen und eine Entscheidung der Landessynode darüber einzuholen, dass § 4 Abs. 6 KVwGG mit der Kirchenverfassung nicht vereinbar sei; es lege insoweit ein Verstoß gegen § 2 Kirchenverfassungsgesetz vor.
In formeller Hinsicht wird im Hinblick auf den angefochtenen Bescheid vorgetragen, dieser sei rechtswidrig, da ein wirksamer Antrag auf Versetzung des Klägers in den Wartestand, der allein vom Besetzungsgremium hätte gestellt werden können, nicht vorlag. Im angefochtenen Bescheid beziehe sich der Oberkirchenrat auf einen Antrag des Kirchengemeinderats, dieser sei jedoch nicht befugt, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Der Oberkirchenrat hätte deshalb eigenes Ermessen ausüben müssen, bevor (von Amts wegen) Verfahrensschritte nach § 58 Abs. 1 PfGes eingeleitet wurden. Von diesem Ermessen sei nicht Gebrauch gemacht worden. Der Bescheid sei ferner wegen Verstoßes gegen § 58 Abs. 1 Satz 2 PfGes rechtswidrig, da der „geheime Visitationsbericht vom 31. Oktober 2001“ dem Kläger nicht bekannt gegeben worden sei, der Kläger vielmehr erstmals im Rahmen der Akteneinsicht nach Klageerhebung hiervon Kenntnis erlangt habe. Nach § 58 Abs. 1 Satz 2 PfGes seien aber die dort genannten Stellungnahmen, worunter auch der Visitationsbericht falle, dem Pfarrer unverzüglich mitzuteilen. Der Rechtsgedanke des § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG sei vorliegend nicht anwendbar. Gleiches gelte auch für den Rechtsgedanken des § 46 LVwVfG. Festzustellen sei, dass das Grundrecht des Klägers auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt worden sei. Selbst wenn aber der Rechtsgedanke des § 46 LVwVfG vorliegend Anwendung finden könnte, sei nicht feststellbar, dass offensichtlich sei, dass die Verletzung von Verfahrensvorschriften die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe. Insbesondere könne nicht argumentiert werden, der ergänzende Visitationsbericht habe lediglich einzelne Punkte, die sich bereits aus dem vorhergehenden Visitationsbescheid ergeben hätten, vertiefend behandelt und näher beleuchtet. Im Bericht vom 31. Oktober 2001 seien vielmehr Angaben enthalten, die sonst nicht aktenkundig seien; dies gelte vor allem für die Anmerkungen zur Kommunikationsfähigkeit und zur Persönlichkeitsstruktur des Klägers. Dass der Kläger keine Kommunikationsstörungen und kein signifikantes Wahrnehmungsproblem habe, könne gegebenenfalls durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden.
Im Übrigen ergebe sich auch aus dem Bericht von Dekan Dr. F. vom 31. Oktober 2001, dass dieser gegenüber dem Kläger befangen gewesen sei. Dies lasse dessen Anmaßung erkennen, psychologische Bewertungen über die Persönlichkeitsstruktur des Klägers abgeben zu können und darauf seine Beurteilung zu stützen. Dekan Dr. F. sei ferner auch deswegen in der Beurteilung der Sach- und Rechtslage befangen gewesen, weil seine Ehefrau Mitglied im Landeskirchenausschuss und Sprecherin einer synodalen Gruppierung gewesen sei. Beide Visitationsberichte von Dekan Dr. F. hätten deshalb nicht der Entscheidung zugrunde gelegt werden dürfen.
Der angefochtene Bescheid sei aber auch materiell rechtswidrig. Die dem Kläger gegenüber vorgebrachten Vorwürfe seien zum Teil sachlich unzutreffend und zum Teil rechtlich falsch bewertet worden. So habe bei der Ermessensentscheidung des Oberkirchenrats der Umstand, dass sich für die Neuwahl des Kirchengemeinderats keine ausreichende Zahl von Kandidaten gefunden habe, nicht zu Lasten des Klägers berücksichtigt werden dürfen. Denn dieser Umstand sei nicht durch sein Verhalten bedingt gewesen. Entsprechendes gelte auch für die Tatsache, dass die Missstimmungen presseöffentlich geworden seien. Im Übrigen habe die Beklagte auch nicht ausreichend berücksichtigt, dass der in der Gemeinde entstandene Konflikt sich auch deshalb in der gegebenen Schärfe ausgewachsen habe, weil die bei der Beklagten Zuständigen nicht rechtzeitig ihren Pflichten nach der Kirchengemeindeordnung zur Dienstaufsicht nachgekommen seien. So habe der Kläger bei den zuständigen Stellen der Beklagten rechtzeitig darauf hingewiesen, dass der Kirchengemeinderat, bzw. einzelne Mitglieder, gegen Rechtsvorschriften verstoßen hätten. Frau Prälatin M., Herr Kirchenrat S. und Herr Dekan Dr. F. seien aber nicht tätig geworden. Die von einzelnen Mitgliedern der Gemeinde dem Kläger gegenüber vorgebrachten Vorwürfe, die zum Teil sachlich und zum Teil rechtlich unzutreffend gewesen seien, stellten „Mobbing“ dar. Hiergegen hätte die Kirchenleitung dem Kläger Schutz gewähren müssen, was nicht geschehen sei. Von daher habe die Beklagte die in der Gemeinde entstandene Konfliktsituation mit zu verantworten. Demzufolge habe sie auch keine Entscheidung treffen dürfen, die sich zum Nachteil des Klägers habe auswirken können.
§ 57 Abs. 2 Ziff. 2 PfGes dürfe nicht so ausgelegt werden, dass eine Versetzung in den Wartestand auch dann zulässig sein solle, wenn die Stellung des Pfarrers selbst ohne dessen eigenes Verschulden unhaltbar geworden sei. Solches sei bei den sich hieraus ergebenden negativen Folgen für den betroffenen Pfarrer unter Abwägung der Interessen des Pfarrers und der Kirchengemeinde verfassungsrechtlich nicht haltbar. Es werde deshalb insoweit beantragt, das Verfahren gemäß § 9 Abs. 3 KVwGG auszusetzen und eine Entscheidung der Landessynode darüber einzuholen, dass § 57 Abs. 2 Ziff. 2 PfGes in der Form, dass eine Versetzung in den Wartestand auch dann zulässig sein solle, wenn die Stellung des Pfarrers selbst ohne dessen eigenes Verschulden unhaltbar geworden sei, mit der Kirchenverfassung (§ 2 in Verbindung mit Art. 1, Art. 2 Abs. 2 GG) nicht vereinbar sei. Zumindest habe insoweit eine verfassungskonforme Auslegung stattzufinden mit der Folge, dass in einem Fall, in dem die Missstimmung von Gliedern der Gemeinde und nicht vom Pfarrer ausgegangen sei, die Vorschrift nicht zu Lasten des Pfarrers anwendbar sei.
Schlussendlich habe die Versetzung des Klägers in den Wartestand auch nicht die ultima ratio dargestellt. Die Beklagt sei zumindest verpflichtet gewesen, dem Kläger geeignete Ersatzstellen anzubieten. Dass der Kläger vorübergehend - für einen kurzen Zeitraum - geäußert habe, dass er keine andere Pfarrstelle annehmen wolle, könne weder von der Beklagten zum Zeitpunkt der Entscheidung, noch könne es das Verwaltungsgericht zum jetzigen Zeitpunkt voraussetzen. Der Kläger habe danach und seit langem zu erkennen gegeben, dass er - im Gegensatz zu seinen Äußerungen im Jahr 2001 aus dem damaligen Schock heraus - bereit sei, eine geeignete zumutbare Ersatzpfarrstelle anzunehmen. Dies sei der Beklagten bereits seit dem Zeitpunkt bekannt, als der Kläger sich von Herr Kirchenrat S. Gemeindepfarrstellen habe nennen lassen und diese auf ihre Geeignetheit geprüft habe. Die drei Stellenangebote, die Kirchenrat S. dem Kläger im Frühjahr 2001 unterbreitet habe, seien aber für den Kläger nicht realistisch gewesen. Deshalb habe auch nicht der Schluss gezogen werden können, dass ein gedeihliches Wirken des Klägers zunächst auch in einer anderen Gemeinde nicht erwartet werden könne. Unzutreffend sei auch die Behauptung, eine geeignete Pfarrstelle sei für den Kläger nicht vorhanden gewesen. Dabei sei auch zu beachten, dass die Beklagte vor der Entscheidung über den angegriffenen Bescheid genügend Zeit gehabt habe, dem Kläger - bereits über den Haushaltsplan der Landeskirche für 2001 - eine entsprechend zeitlich begrenzte Stelle einzurichten. Die Beklagte hätte aber zumindest berücksichtigen müssen, dass im Haushaltsplan der Landeskirche für 2002 haushaltsrechtlich 10 zusätzliche Stellen ausgewiesen seien. Sollte die Beklagte dem Kläger tatsächlich keine geeignete Stelle anbieten können, läge aber ein Organisationsverschulden vor. Darüber hinaus sei darauf hinzuweisen, dass die Beklagte vor Erlass des Bescheides bereits zugesagt habe, dem Kläger eine anderweitige Pfarrstelle zu besorgen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Oberkirchenrats vom 13. Dezember 2001 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, es seien weder beachtliche Mängel formeller noch materieller Art gegeben. Eines Antrags des Besetzungsgremiums habe es nicht bedurft, vielmehr habe der Oberkirchenrat die Entscheidung von Amts wegen getroffen. Richtig sei, dass der Visitationsbericht des Dekanatsamts vom 31. Oktober 2001 dem Kläger nicht eigens zur Stellungnahme zugeleitet worden sei. Dieser Bericht enthalte aber gegenüber dem Protokoll der Sitzung vom 13. März 2001 und gegenüber dem öffentlich verlesenen Visitationsbescheid, die beide dem Kläger bekannt gemacht worden seien, keine zusätzlichen, für die Entscheidung über die Versetzung in den Wartestand maßgeblichen Gesichtspunkte. Insoweit sei auch auf den Rechtsgedanken § 46 LVwVfG hinzuweisen. Auch die materiellen Voraussetzungen für die Versetzung des Klägers in den Wartestand seien erfüllt. Die Stellung des Klägers innerhalb der Kirchengemeinde sei unhaltbar geworden, zumal das Zerwürfnis zwischen dem Kläger und dem zurückgetretenen Kirchengemeinderat nicht auf diesen Personenkreis beschränkt geblieben sei, sondern in der Kirchengemeinde und darüber hinaus öffentlich geworden sei und erhebliche Verunsicherung hervorgerufen habe. Dies sei insbesondere in der Unmöglichkeit, eine hinreichend große Anzahl von Kandidatinnen und Kandidaten für die Neuwahl des Kirchengemeinderats zu gewinnen, bei der Zwischenvisitation und in einer Anzahl von in der örtlichen Presse abgedruckten Leserbriefen deutlich geworden. Die Annahme des Oberkirchenrats, dass ein gedeihliches Wirken des Klägers zunächst auch in einer anderen Gemeinde nicht habe erwartet werden können, sei insbesondere auch dadurch begründet, dass der Kläger seinerseits nachdrücklich bekundet habe, dass er sich künftig seine weitere berufliche Zukunft nur außerhalb des Gemeindepfarrdiensts vorstellen könne. Im Übrigen sei eine geeignete freie Stelle zu Zeit nicht vorhanden und nicht vorhanden gewesen. Mildere Mittel als die Versetzung des Klägers in den Wartestand habe es nicht gegeben. Man habe sich um andere Wege der Konfliktbearbeitung bemüht; auch als deutlich geworden sei, dass die von Prälatin M. geführten Vermittlungsgespräche von Juni und Juli 2001 nicht zum erhofften Ergebnis führen würden, habe der Oberkirchenrat immer noch von einer Versetzung des Klägers in den Wartestand absehen wollen. Stattdessen sei ein Mentoringprogramm mit einem Amtsbruder des Klägers veranlasst worden, der den Kläger für einige Monate habe begleiten sollen. Erst als der Konflikt in der Kirchengemeinde im Rücktritt der gewählten Mitglieder von ihrem Amt eskaliert sei und zunehmend öffentliches Aufsehen erregt habe, habe sich der Oberkirchenrat gezwungen gesehen, im Interesse der Kirchengemeinde und zur Verhinderung noch größeren Schadens von der ultima ratio Gebrauch zu machen und den Kläger in den Wartestand zu versetzen. Für eine Aufforderung zum Stellenwechsel sei es zu spät gewesen, weil angesichts der eingetretenen Eskalation des Konflikts der Ablauf einer angemessenen Bewerbungsfrist nicht mehr habe abgewartet werden können.
Dem Gericht haben die im Verwaltungsverfahren angefallenen Akten vorgelegen. Auf sie und auf die Gerichtsakten wird wegen weiterer Einzelheiten verwiesen.
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Gründe:

Das Gericht sieht keinen Anlass, das Verfahren gemäß § 9 Abs. 3 KVwGG auszusetzen und eine Entscheidung der Landessynode wegen der in § 4 KVwGG getroffenen Regelungen über die Ernennung der Mitglieder des Verwaltungsgerichts einzuholen. Denn es hat keinen Zweifel, dass die Bestimmungen über die Zusammensetzung des Kirchlichen Verwaltungsgerichts und insbesondere auch § 4 KVwGG mit der Kirchenverfassung vereinbar sind.
Gemäß § 2 der Kirchenverfassung ordnet und verwaltet die evangelische Landeskirche ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes. Damit greift das kirchliche Verfassungsrecht die entsprechende Bestimmung des Artikel 137 Abs. 3 der Weimarer Verfassung auf, die selbst wieder vom Grundgesetz in Art. 140 inkorporiert worden ist.
Das Kirchliche Verwaltungsgerichtsgesetz regelt die Gewährung innerkirchlichen Rechtsschutzes, nicht Fragen des staatlichen Rechtsschutzes gegen kirchliche Akte, es ordnet also eigene kirchliche Angelegenheiten.
Die Zuordnung des Selbstbestimmungsrechtes der Kirchen und der Schranken des „für alle geltenden Gesetzes“ ist in Rechtsprechung und Literatur in vielen Einzelheiten umstritten (vgl. die Nachweise bei von Campenhausen, Staatskirchenrecht, 3. Auflage, 1996, S. 105 ff, sowie Jeand’Heur und Korioth, Grundzüge des Staatskirchenrechts, 1999, S. 133 ff). Einer Entscheidung dieser Streitfragen bedarf es hier aber nicht. Selbst wenn man für alle Bereiche der kirchlichen Gesetzgebung die Beachtung zwingender Erfordernisse für ein friedliches Zusammenleben im Staat fordert (vgl. von Campenhausen a.a.O. S. 121 f), und selbst wenn man hierzu auch die Grundanforderungen an eine staatliche Gerichtsbarkeit zählt, verletzen die Regelungen des KVwGG über die Zusammensetzung des Gerichts nicht die für alle geltenden Gesetze.
Das Bundesverfassungsgericht hat bei der Prüfung der Gerichtsqualität eines Rechtspflegeorgans (hier: des Europäischen Gerichtshofes) gefordert, dass dieses „auf der Grundlage und im Rahmen normativ festgelegter Kompetenzen und Verfahren Rechtsfragen nach Maßgabe von Rechtsnormen und rechtlichen Maßstäben in richterlicher Unabhängigkeit grundsätzlich endgültig entscheidet. Seine Mitglieder sind zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit verpflichtet; ihre Rechtsstellung ist normativ so ausgestaltet, daß sie Gewähr für persönliche Unabhängigkeit bietet. Das Verfahrensrecht des Gerichtshofs genügt rechtsstaatlichen Anforderungen an ein gehöriges Verfahren; es gewährleistet insbesondere das Recht auf Gehör, dem Verfahrensgegenstand angemessene prozessuale Angriffs- und Verteidigungsmöglichkeiten und frei gewählten, kundigen Rechtsbeistand (vgl. auch BVerfGE 59, 63 (91 f.)“.
Diesen Anforderungen werden die Bestimmungen über das kirchliche Verwaltungsgericht gerecht. Die sachliche Unabhängigkeit der Richter wird durch § 2 KVwGG, deren persönliche Unabhängigkeit durch § 6 KVwGG gewährleistet. Das Gericht entscheidet weiter durch unbeteiligte Dritte. Dem steht die gewollte Zugehörigkeit von Mitgliedern zur Landessynode nicht entgegen. Denn es entscheidet nicht über Akte der Landessynode. In der Regel entscheidet es allein oder auch über Maßnahmen des Oberkirchenrats, deshalb darf kein Mitglied des Gerichts dem Oberkirchenrat angehören (§ 3 Abs. 4 KVwGG). Aber auch bei Rechtsstreitigkeiten mit sonstigen kirchlichen Dienststellen ist die Unabhängigkeit gewahrt. Denn die Mitglieder des Gerichts dürfen mit der gewollten Ausnahme der ordinierten Mitglieder auch sonst nicht hauptamtlich oder hauptberuflich im kirchlichen Dienst tätig sein (§ 3 Abs. 4 KVwGG). Für ordinierte Mitglieder gelten erforderlichenfalls die Bestimmungen der §§ 15 und 26 KVwGG über den Ausschluss oder die Ablehnung im Einzelfall.
Das (staatsorganisatorische) Gewaltenteilungsprinzip als solches fordert die Trennung der entsprechenden Organe schon nur, wie hier gegeben, dem Grunde nach, schließt aber nicht Überschneidungen und Verschränkungen im einzelnen aus. Es kommt entscheidend auf die jeweiligen Einzelregelungen an. Insoweit werden aber selbst die vergleichbaren konkreten Inkompatibilitätsregelungen des Grundgesetzes für staatliche Richter nicht verletzt. Denn nur für Verfassungsrichter verbietet Artikel 94 GG die gleichzeitige Zugehörigkeit zu einem gesetzgebenden Organ. Für die sonstigen (staatlichen) Richter stellt das Grundgesetz in Artikel 137 GG kein solches Verbot auf, sondern überlässt die Entscheidung dem jeweiligen einfachen Gesetzgeber.
Das Gericht hat deshalb keinen Zweifel daran, dass die vom kirchlichen Gesetzgeber für das kirchliche Verwaltungsgericht gewollte Mitwirkung von Mitgliedern der Landessynode und von ordinierten Mitgliedern mit der Kirchenverfassung vereinbar ist.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid des Oberkirchenrats vom 13. Dezember 2001 über die Versetzung des Klägers in den Wartestand ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 78 Abs. 1 Satz 1 KVwGG).
Rechtsgrundlage für die angefochtene Maßnahme ist § 57 Abs. 2 Nr. 2 PfGes. Danach kann ein ständiger Pfarrer ohne sein Einverständnis in den Wartestand versetzt werden, wenn seine Stellung in der Gemeinde unhaltbar geworden ist und ein gedeihliches Wirken in einer anderen Gemeinde oder in einem anderen Arbeitsbereich zunächst nicht erwartet werden kann oder die Versetzung auf eine andere Stelle aus anderen Gründen nicht möglich erscheint.
Beachtliche Fehler formaler Art, die die angefochtene Maßnahme schon deshalb - also ohne Blick auf die materielle Rechtsanlage - rechtswidrig erscheinen ließen, sind vorliegend nicht ersichtlich. Insbesondere war der für eine Wartestandsentscheidung zuständige Oberkirchenrat (§ 58 Abs. 4 Satz 1 PfGes) befugt, eine solche Entscheidung zu treffen. Zwar sieht § 58 Abs. 2 PfGes vor, dass die Versetzung in den Wartestand (auch) vom Besetzungsgremium beantragt werden kann, dies schließt jedoch nicht die Möglichkeit des Oberkirchenrats aus, eine solche Entscheidung bei entsprechendem Anlass und Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 57 Abs. 2 Nr. 2 PfGes auch von Amts wegen zu treffen. Letzteres ist vorliegend geschehen. Auf die vom Kläger im Laufe des Verfahrens aufgeworfene Frage, ob ein wirksamer Antrag des Besetzungsgremiums vorliegt, kommt es deshalb nicht an; tatsächlich wurde ein solcher nicht gestellt, anlässlich der Sitzung des Besetzungsgremiums am 13. März 2001 wurde ein entsprechender Beschluss nämlich nicht gefasst. Nicht von Bedeutung ist deshalb auch, auf wessen Initiative letztendlich die Sitzung des Besetzungsgremiums zustande gekommen ist; vorliegend hatte der insoweit wohl unzuständige Kirchengemeinderat einen entsprechenden Antrag gestellt. Ebenso wenig ist bei einer Entscheidung des Oberkirchenrats von Amts wegen von Bedeutung, von wem der Oberkirchenrat Informationen erhalten hat, die ihn zur Einleitung eines Verfahrens zur Versetzung eines Pfarrers in den Wartestand veranlasst haben. Solche Informationen können auch in einem an sich unzulässigen Antrags eines Kirchengemeinderatsgremiums enthalten sein. Dass sich der Oberkirchenrat gezwungen gesehen hätte, aufgrund des Antrags des Kirchengemeinderats ein Versetzungsverfahren einzuleiten und den Kläger in den Wartestand zu versetzen (vgl. die klägerische Ausführungen hierzu auf Seite 3 des Schriftsatzes vom 15. Oktober 2002) lässt sich dem angefochtenen Bescheid nicht entnehmen.
Die nach § 58 Abs. 1 PfGes vor der Entscheidung des Oberkirchenrats notwendige Anhörung des Besetzungsgremiums hat jedenfalls stattgefunden, nämlich dadurch, dass das Besetzungsgremium am 13. März 2001 getagt , sich mit den vorliegenden maßgeblichen Fragen und Sachverhalten auseinandergesetzt und die Niederschrift über diese Sitzung dem Oberkirchenrat übermittelt hat. Fehler in der personellen Zusammensetzung des Besetzungsgremiums anlässlich der hier in Frage stehenden Sitzung vermag das Gericht nicht zu erkennen. Ein solcher Fehler ist insbesondere nicht darin zu sehen, dass der Kläger zu der hier maßgeblichen Sitzung nicht geladen war und an der Sitzung auch nicht teilgenommen hatte.
Eine Vorschrift über die personelle Besetzung des Besetzungsgremiums bei der Abgabe einer Stellungnahme nach § 58 Abs. 1 PfGes enthält dieses Gesetz nicht. Die Verordnung des Oberkirchenrats zur Ausführung des Pfarrstellenbesetzungsgesetzes, in der das Besetzungsgremium ebenfalls angesprochen wird, trifft wiederum in ihrer Nr. 9 expressis verbis lediglich eine Regelung zur Zusammensetzung des Besetzungsgremiums im Falle der Neubesetzung einer Pfarrstelle. Danach gehört dem Besetzungsgremium der „ganze Kirchengemeinderat“ an, dessen Mitglied gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 2 der Kirchengemeindeordnung grundsätzlich auch der Gemeindepfarrer ist. Wenn aber auch in dem in Nr. 9 der genannten Verordnung geregelten Fall - bei der Neubesetzung einer Pfarrstelle -, der Pfarrer, dessen Person Gegenstand der Entscheidung ist, nicht Mitglied des Besetzungsgremiums sein kann, was sich bereits aus der Natur der Sache ergibt, so hat nach Auffassung des Gerichts Entsprechendes für die Versetzung eines Pfarrers in den Wartestand zu gelten, der eine Art von „actus contrarius“ zur Pfarrstellenbesetzung bildet. Auch in diesem Fall ist die Person, deren zukünftige Stellung in der Gemeinde Gegenstand der Erörterung bildet, nicht Mitglied des Besetzungsgremiums. Es entspricht im Übrigen auch den Grundsätzen staatlichen Rechts, dass eine Person nicht an Beratungen und Entscheidungen mitwirken darf, wenn die Entscheidung ihr einen Vorteil oder Nachteil bringen könnte (vgl. etwa § 18 Abs. 1 Gemeindeordnung, § 20 Abs. 1 S. 2 LVwVfG), und kann deshalb als Ausdruck eines allgemeinen, nicht an bestimmte Verfahrensordnungen gebundenen Rechtsgedanken verstanden werden.
Eine unverhältnismäßige Einschränkung der Rechtsstellung des Pfarrers, um dessen Versetzung in den Wartestand es geht, hat eine solche Rechtsauslegung nicht zur Folge. Denn die Stellungnahme des Besetzungsgremiums ist dem Pfarrer nach § 58 Abs. 1 Satz 2 PfGes unverzüglich mitzuteilen, so dass diesem die Möglichkeit eröffnet ist, vor einer Entscheidung des Oberkirchenrats seine Sicht der Dinge in Auseinandersetzung mit der Stellungnahme des Besetzungsgremiums darzustellen. So ist auch vorliegend verfahren worden. Das Protokoll der Sitzung des Besetzungsgremiums wurde dem Kläger übermittelt und dieser hat hierzu mit Schreiben vom 11. Mai 2001 Stellung genommen.
Ferner ist die nach § 58 Abs. 1 PfGes vorgeschriebene Anhörung des Visitators erfolgt. Das Gericht vermag weder in Bezug auf die Person des Visitators noch auf den Ablauf des Visitationsverfahrens, insbesondere die Abgabe des ergänzenden Visitationsberichts vom 31. Oktober 2001, einen vom Kläger erfolgreich zu rügenden formellen Fehler zu erkennen. Festzustellen ist allerdings, dass der ergänzende Visitationsbericht vom 31. Oktober 2001 dem Kläger nach § 58 Abs. 1 Satz 2 PfGes unverzüglich hätte mitgeteilt werden müssen, was nicht geschehen ist, weshalb das Verfahren insoweit objektiv fehlerhaft abgelaufen ist.
Allerdings führt nicht jeder Verfahrensfehler dazu, dass ein Verwaltungsakt im Rahmen eines vom Adressaten der Maßnahme durchgeführten Rechtsmittelverfahrens aufzuheben wäre. Ausdrücklich geregelt ist dies im staatlichen Recht, wie beispielsweise die Vorschriften über die Beachtlichkeit bzw. Heilung von Verfahrens- und Formfehlern in den §§ 45 und 46 LVwVfG zeigen, die allerdings im kirchlichen Verwaltungsverfahren nicht unmittelbar Anwendung finden (§ 2 Abs. 1 LVwVfG). Das Gericht lässt offen, ob der Rechtsgedanke des § 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 LVwVfG, wonach eine erforderliche Anhörung noch bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden kann, als allgemeiner Rechtsgrundsatz zu gelten hat und im vorliegenden Verfahren - mangels spezieller Vorschriften des Kirchenverwaltungsrechts - damit Anwendung finden könnte; wäre es so, wäre die bis zum Erlass der angefochtenen Verfügung unterbliebene Mitteilung des Berichts an den Kläger möglicherweise dadurch geheilt, dass der Kläger bzw. sein Bevollmächtigter im Rahmen der Akteneinsicht Kenntnis von dem ergänzenden Bericht genommen haben und die Möglichkeit der Stellungnahme hatten. Dies kann jedoch offen bleiben, da das Gericht auch nach nochmaliger Befassung mit dieser Rechtsfrage und unter Berücksichtigung der diesbezüglichen Ausführungen im klägerischen Schriftsatz vom 15. Oktober 2002 an der bereits im Beschluss vom 17. Mai 2002 geäußerten Rechtsauffassung festhält, dass der Rechtsgedanke des § 46 LVwVfG a.F., wonach die Aufhebung eines Verwaltungsaktes nicht allein aus formellen Gründen verlangt werden kann, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können, in der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zwischenzeitlich Allgemeingültigkeit erlangt hat, nachdem eine entsprechende Regelung bereits in der ursprünglichen Fassung des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes enthalten war, die bereits vor mehr als 25 Jahren, nämlich am 1. Januar 1977 in Kraft getreten war, und entsprechende Regelungen in die Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder übernommen worden sind. Die Regelung ist Ausfluss des Rechtsgedankens, dass formelles Recht keinem Selbstzweck zu dienen bestimmt ist, sondern in erster Linie ein Instrumentarium darstellt, mit dem der materiellen Rechtslage entsprechende Entscheidungen ermöglicht werden sollen. Diesen Rechtsgedanken hat der kirchliche Gesetzgeber im übrigen inzwischen auch selbst aufgegriffen. Denn er hat die seinerzeit zusammen mit dem Erlass des VwVfG als § 44a in die VwGO eingefügte Bestimmung über die eingeschränkte Anfechtbarkeit von behördlichen Verfahrenshandlungen in § 12 KVwGG ausdrücklich übernommen.
Das Gericht hält auch insoweit an der bereits im zitierten Beschluss vom 17. Mai 2002 geäußerten Auffassung fest, dass der ergänzende Visitationsbericht zwar einzelne Punkte, die im Verhältnis zwischen dem Kläger und dem Kirchengemeinderat bzw. der Kirchengemeinde eine Rolle gespielt haben, vertieft behandelt und näher beleuchtet hat, ihm aber für die Entscheidungsfindung substanziell Neues gegenüber den zuvor bereits umfangreich dokumentierten Konfliktpunkten nicht zu entnehmen ist. Zwar wird von Klägerseite zutreffend darauf hingewiesen, dass der Visitationsbericht vom 31. Oktober 2001 über die Darstellung der Konfliktpunkte hinaus auch Bemerkungen zur Persönlichkeit und zur Persönlichkeitsstruktur des Klägers enthält, die den Kläger als maßgeblichen Faktor für die Entstehung des Konflikts innerhalb der Kirchengemeinde erscheinen lassen könnten. Dieser Gesichtspunkt, nämlich die Frage, aus welchen Gründen die Stellung eines Pfarrers in der Gemeinde unhaltbar geworden ist, ist jedoch - worauf noch einzugehen sein wird - für die Entscheidung über die Versetzung in den Wartestand rechtlich nicht von Bedeutung; auch im angefochtenen Bescheid wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mit dieser Entscheidung keine einseitige Schuldzuweisung an den Kläger verbunden ist. Von daher gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die hier in Rede stehende Passage des genannten Visitationsberichts über die Persönlichkeit des Klägers für die Wartestandsentscheidung des Oberkirchenrats bedeutsam geworden wäre. Nach allem hat der aufgezeigte formelle Fehler nach Auffassung der Kammer die letztendlich getroffene Entscheidung nicht beeinflusst.
Das Gericht vermag auch nicht festzustellen, dass Dekan Dr. F., der die Visitation durchgeführt hatte, dem Kläger gegenüber befangen und damit nicht in der Lage gewesen wäre, die Situation in der Kirchengemeinde objektiv einzuschätzen und zu bewerten.
Befangenheitsgründe lassen sich einmal nicht dem Umstand entnehmen, dass Dekan Dr. F. den ergänzenden Visitationsbericht entgegen Nr. 26 der Ausführungsbestimmungen zur Visitationsordnung mit dem Kläger nicht besprochen und dem Kläger damit nicht zur Kenntnis gebracht hatte und insoweit das Verfahren - wie bereits erwähnt - an einem Fehler leidet. Denn nicht jeder Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder eine falsche Rechtsanwendung ist zwangsläufig oder jedenfalls in den überwiegenden Fällen Ausdruck mangelnder Objektivität.
Auch die Äußerungen von Dekan Dr. F. im erwähnten Visitationsbericht zur Persönlichkeit des Klägers erfordern keine andere Beurteilung. Der Visitator war nicht etwa gehalten, sich solche Äußerungen von vornherein zu enthalten. Das Gegenteil ergibt sich viel mehr wiederum aus Nr. 26 der Ausführungsbestimmungen zur Visitationsordnung, wonach der Visitationsbericht auch eine zusammenfassende Beurteilung des Pfarrers enthält. Eine solche Beurteilung, die sich auch zur Persönlichkeit des Pfarrers äußert, erscheint im Übrigen auch im Hinblick auf den Zweck eines Visitationsberichts, Anregungen und Hinweise für die Weiterarbeit von Pfarrer und Gemeinde zu geben (vgl. § 9 Abs. 3 Visitationsordnung) erforderlich. Als Teil der Personalakte des jeweiligen Pfarrers ist die anlässlich einer Visitation erstellte Beurteilung des Pfarrers darüber hinaus Grundlage für Personalentscheidungen des Oberkirchenrats, die - was keiner näheren Ausführungen bedarf - auch Kenntnisse über das Wesen eines Pfarrers voraussetzen. Zwar mag der Kläger die Einschätzung seiner Charaktereigenschaften durch Dekan Dr. F. für verfehlt halten, dies allein begründet jedoch nicht die Annahme von Befangenheit.
Schließlich sind auch die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung angesprochenen Meinungsverschiedenheiten, die er mit Dekan Dr. F. in der Vergangenheit hatte, für das Gericht keine ausreichende Grundlage für die Bildung der Überzeugung, Dekan Dr. F. sei nicht in der Lage gewesen, sich vorurteilsfrei mit der Situation in der Kirchengemeinde und den am Konflikt Beteiligten zu beschäftigen. Entsprechendes gilt für den Hinweis des Klägers, die Ehefrau von Dekan Dr. F. sei Mitglied im Landeskirchenausschuss und Sprecherin einer synodalen Gruppierung gewesen.
Die angefochtene Verfügung ist auch materiell rechtmäßig. Die bereits genannten tatbestandlichen Voraussetzungen des § 57 Abs. 2 Nr. 2 PfGes lagen zum vorliegend für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage entscheidungserheblichen Zeitpunkt, dem des Ergehen des Bescheides durch Zugang an den Kläger am 15. Dezember 2001, vor.
Die Stellung des Klägers in der Gemeinde war unhaltbar geworden.
In seinem Beschluss vom 5. Oktober 1994 (LKA/B-12/1994) hat sich der Landeskirchenausschuss rechtsgrundsätzlich mit der Frage auseinandergesetzt, wann davon auszugehen ist, dass die Stellung eines Pfarrers in der Gemeinde unhaltbar geworden ist. Er hat dazu folgendes ausgeführt:
„Die Stellung eines Pfarrers in der Gemeinde ist unhaltbar geworden, wenn ein Tatbestand vorliegt, der dem Pfarrer die gedeihliche Führung des Pfarramts in seiner Gemeinde unmöglich macht.
Gedeihliches Wirken eines Pfarrers in seiner Pfarrstelle verlangt, dass er unvoreingenommen und ohne äußeren wie inneren Vorbehalt bereit ist, seinen Auftrag zur Wortverkündung, Seelsorge und Liebestätigkeit gegenüber jedem Gemeindeglied zur erfüllen und dies durch sein Verhalten bezeugt. Ein gedeihliches Wirken des Pfarrers ist aber dann nicht mehr möglich, wenn sich die Gemeinde derart in sich entzweit, dass sie in gegnerische Gruppen zerfallen ist, deren eine sich außer Stande sieht, den Dienst des Pfarrers anzunehmen und sich seinem Wirken entzieht.
Kirchengemeinderat und Pfarrer sind zur Erfüllung ihrer Aufgaben aufeinander angewiesen. Die Leitung der Gemeinde ist ernsthaft gefährdet, wenn - aus welchen Gründen auch immer - die Zusammenarbeit aufhört. Ihr Fehlen bedeutet zwangläufig eine Störung des gesamten Gemeindelebens, das mit einem gedeihlichen Wirken des Pfarrers nicht mehr vereinbar ist.
Die Frage des gedeihlichen Zusammenwirkens hat nichts mit einer Schuldfeststellung gemein.“
Der Landeskirchenausschuss setzt sich dann im Folgenden mit dem Verhältnis von Kirchengemeinderat und Pfarrer auseinander und verweist darauf, dass die Frage, inwieweit das Zerwürfnis zwischen Kirchengemeinderat und Pfarrer in die Gemeinde hineingewirkt haben muss, um die Stellung eines Pfarrers in der Gemeinde als unhaltbar zu beurteilen, von den Kirchlichen Verwaltungsgerichten unterschiedlich eingeschätzt wird.
Entscheidend für den Landeskirchenausschuss sind aber die umfassenden Rechte und Pflichten und damit die Verantwortung, die das landeskirchliche Recht dem Kirchengemeinderat, dem kraft Amtes auch der Pfarrer angehört, bei der Leitung der Gemeinde und aller sie berührenden Fragen auferlegt. Das Zusammenwirken von Kirchengemeinderat und Pfarrer - wozu § 16 Abs. 2 KGO beide verpflichte - sei danach Voraussetzung für die Bewältigung aller Gemeindeaufgaben, damit auch für ein gedeihliches Wirken von Kirchengemeinde und Pfarrer in der Gemeinde. Sei das Verhältnis beider zerrüttet, die Vertrauensbasis zerstört und werde die Zusammenarbeit aufgekündigt, leide zwangsweise die Gemeinde Not. Unabhängig von Ursache und Schuld, unabhängig von der Verletzung einer Fürsorgepflicht gegenüber dem Pfarrer und unabhängig davon, ob das Zerwürfnis in die Gemeinde hinein gewirkt und zu einer Spaltung der Gemeinde geführt habe, sei die Stellung des Pfarrers in der Gemeinde dann unhaltbar geworden im Sinne von § 57 Abs. 2 Nr. 2 PfGes. Der Pfarrer müsse dann die Gemeinde verlassen. Eine Alternative bestehe grundsätzlich nicht, die Gemeinde sei nicht versetzbar.
Dieser Rechtsauffassung des Landeskirchenausschusses schließt sich das Verwaltungsgericht voll umfänglich an. Das Gericht sieht insbesondere keinen Anlass, wie von Klägerseite mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2002 beantragt und formuliert, das Verfahren gemäß § 9 Abs. 3 KVwGG auszusetzen und eine Entscheidung der Landessynode darüber einzuholen, dass § 57 Abs. 2 Ziff. 2 PfGes in der Form, dass eine Versetzung in den Wartestand auch dann zulässig sein soll, wenn die Stellung des Pfarrers selbst ohne dessen eigenes Verschulden unhaltbar geworden sei mit der Kirchenverfassung (§ 2 Kirchenverfassungsgesetz i. V. m. Art. 1, Art. 2 Abs. 1 GG) nicht vereinbar ist. Denn das Gericht hat keine Zweifel im Sinne von § 9 Abs. 3 KVwGG an der Vereinbarkeit des § 57 Abs. 2 Nr. 2 PfGes in der dargelegten, mit der Rechtsauffassung des Landeskirchenausschusses übereinstimmenden Auslegung mit dem Kirchenverfassungsgesetz.
Nach § 2 Kirchenverfassungsgesetz ordnet und verwaltet die Evangelische Landeskirche ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes selbstständig. Aus dem Hinweis auf das „für alle geltende Gesetz“ ergibt sich freilich nicht, dass damit eine umfassende Grundrechtsbindung der Landeskirche einhergeht. Die Grundrechtsbindung kommt vielmehr (nur) in Frage als Unterfall der Begrenzung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts oder als Folge der Bewertung der Kirchengewalt als grundrechtsgebundene öffentliche Gewalt. Grundrechte waren von Anfang an Schutzrechte des Staatsbürgers gegen die staatliche Gewalt nicht aber gegen Mitbürger, Familienangehörige, Arbeitgeber oder sonstige nicht staatliche Teilnehmer am Rechtsleben. Deshalb sind die Kirchen, solange sie nur Kraft ihrer ihnen nicht vom Staat verliehenen Kirchengewalt tätig werden, an Grundrechte nicht gebunden (vgl. von Campenhausen, Staatskirchenrecht, 3. Auflage, Seite 124 f. m.w.N.). Um eine solche Fallkonstellation geht es vorliegend. Die Regelungen des Pfarrergesetzes über den Wartestand und zu den tatbestandlichen Voraussetzungen einer Wartestandsversetzung nach § 57 Abs. Nr. 2 PfGes betreffen ausschließlich innerkirchliche Sachverhalte, die das Verhältnis des Pfarrers zur Kirchengemeinde betreffen. Die Befugnis, in dieses Verhältnis regelnd einzugreifen, steht der Kirchenleitung damit originär, also aufgrund Kirchenhoheit, und nicht aufgrund staatlich verliehener Hoheitsgewalt zu. Ist § 57 Abs. 2 Nr. 2 PfGes damit Ausfluss des Selbstbestimmungsrechtes der Kirche, geht eine Berufung des Klägers auf Grundrechtsnormen mithin ins Leere.
Nach Maßgabe der dargelegten, vorliegend anzuwendenden Rechtsgrundsätze ist die Stellung des Klägers in der Gemeinde zum maßgeblichen Zeitpunkt (s. o.) im Sinne von § 57 Abs. Nr. 2 PfGes unhaltbar geworden, weil das Verhältnis zwischen dem Kirchengemeinderat und dem Kläger in hohem Maße zerrüttet war. Diese Zerrüttung hatte sich u. a. dadurch manifestiert, dass das gesamte Gremium zurückgetreten war. Im Übrigen war dieses Zerwürfnis auch nicht auf das Verhältnis des Klägers zum Kirchengemeinderat beschränkt geblieben, sondern hatte bereits Auswirkungen im Gemeindeleben, was sich wiederum daran zeigt, dass sich keine ausreichende Zahl von Kandidatinnen und Kandidaten für die Wahl des Kirchengemeinderats im November 2001 fand und die Auseinandersetzung sich auch in Leserbriefen in der Presse niedergeschlagen hatte. Auch in den Zeitungsberichten ist im Übrigen von einem Zerwürfnis zwischen dem Kläger und Teilen seiner Kirchengemeinde die Rede (vgl. Böblinger Bote vom 16. Oktober 2001); der Kläger selbst hatte nach einem Bericht der Stuttgarter Nachrichten vom selben Tag von „Filz in der Gemeinde“ gesprochen. Im Übrigen widerspräche es auch jeglicher Lebenserfahrung, wenn man davon ausginge, dass es den Beteiligten möglich gewesen wäre, den massiven Konflikt zwischen Kirchengemeinderat und Kläger auf die unmittelbar Beteiligten zu beschränken.
Auch wenn man also der Meinung wäre, dass (lediglich) eine Störung des Verhältnisses des Kirchengemeinderats zum Ortspfarrer für ein Unhaltbarkeitsurteil noch nicht ausreichte, so lagen dessen Voraussetzungen jedenfalls insoweit vor, als die Meinungsverschiedenheiten bereits in die Gemeinde hinein gewirkt hatten.
Nach allem ist festzustellen, dass die Stellung des Klägers in der Gemeinde unhaltbar geworden war. Wie bereits in der angefochtenen Entscheidung und im Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 17. Mai 2002 dargelegt, soll auch an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen werden, dass mit dieser Feststellung keinerlei Schuldzuweisung an den Kläger verbunden ist. Vielmehr ist die Frage nach der Quelle des Konflikts für die Beurteilung, ob ein Pfarrer in seiner Dienststellung unhaltbar geworden ist ohne Bedeutung, ausschlaggebend ist vielmehr allein die objektive Erkenntnis, dass ein gedeihliches Wirken des Pfarrers in der Gemeinde nicht mehr möglich ist, mag diesem Einzelfall auch darauf zurückzuführen sein, dass die eigentlich Wurzeln des Konflikts in der Haltung von Gemeindemitgliedern zu finden sind. Entsprechendes gilt für die oben zitierten Berichte in den Lokalblättern; es mag durchaus zutreffen, dass der Kläger diese Berichte nicht lanciert oder initiiert hatte, hierauf kommt es für die Entscheidung auch nicht an. Maßgebend ist allein, dass diese Berichte Ausdruck dafür sind, dass das Verhältnis zwischen dem Kläger und der Kirchengemeinde zerrüttet war.
Neben der Feststellung, dass der Pfarrer in seiner Gemeinde unhaltbar geworden ist, ist weitere Voraussetzung für die Versetzung eines Pfarrers in den Wartestand nach § 57 Abs. 2 Nr. 2 PfGes, dass ein gedeihliches Wirken des Pfarrers in einer anderen Gemeinde oder in einem anderen Arbeitsbereich zunächst nicht erwartet werden kann oder die Versetzung auf eine andere Stelle aus anderen Gründen nicht möglich erscheint.
Das Gericht kann offen lassen, ob ein gedeihliches Wirken des Klägers in einer anderen Gemeinde oder in einem anderen Arbeitsbereich unmittelbar nach dem 15. Dezember 2001 mit guten Gründen zunächst nicht erwartet werden konnte, denn zum damaligen Zeitpunkt war eine Versetzung auf eine andere Stelle jedenfalls aus anderen Gründen nicht möglich. Letzteres steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung fest. Dort hatte Kirchenrat S. vorgetragen, dass es zutreffe, wie von Seiten des Klägers vorgetragen wird, dass er - Herr S. - als Vertreter des Oberkirchenrats dem Kläger im Jahre 2001 drei Stellen angeboten habe, zu einer Einigung sei es jedoch nicht gekommen. Außer diesen Stellen - der Kläger selbst hat eine Übernahme dieser Stellen im Schriftsatz vom 15. Oktober 2002 als „nicht realistisch“ bezeichnet - hätten - so Kirchenrat S. - keine anderen Stellen zur Verfügung gestanden. Das Gericht hat keinen Anlass, die Richtigkeit der Darstellung von Kirchenrat S. zu bezweifeln. Bereits wegen fehlender Planstellen war daher eine Versetzung des Klägers auf eine andere Stelle nicht möglich und der Tatbestand des § 57 Abs. 2 Nr. 2 PfGes damit erfüllt.
Lediglich ergänzend und ohne dass es für die Entscheidung von Bedeutung wäre, da es im maßgeblichen Zeitpunkt an einer verfügbaren Planstelle fehlte, wird darauf hingewiesen, dass das Gericht auch keine Grundlage für einen im Wege eines Klageverfahren verfolgbaren Anspruch des Klägers auf Schaffung einer neuen, speziell für ihn eingerichteten Stelle sieht. Eine solche Stelle könnte ohnehin nur im Rahmen der Haushaltsplanung durch die Landessynode eingerichtet werden. Die Mitglieder der Landessynode sind jedoch an keinerlei Weisungen und Aufträge gebunden (§ 17 Kirchenverfassungsgesetz), so dass die Synode als solche auch nicht verpflichtet werden könnte, eine Pfarrerstelle einzurichten. Der Oberkirchenrat wiederum ist lediglich berechtigt, im Rahmen der durch den Haushaltsplan zur Verfügung gestellten Stellen Personalentscheidungen zu treffen, was insoweit auch seinen Handlungsspielraum bei Entscheidungen nach § 57 Abs. 2 Nr. 2 PfGes begrenzt.
Einen Anspruch auf Übertragung einer anderen Pfarrstelle oder Zuweisung eines neuen Arbeitsbereichs außerhalb der Kirchengemeinde R. ergab sich für den Kläger auch nicht aufgrund einer Zusage. Die Behauptung, ihm sei eine Zusage im Rechtssinne erteilt worden, hat der Kläger nach Hinweis der Gerichts in der mündlichen Verhandlung auf Voraussetzungen und Inhalt einer rechtsverbindliche Zusage nicht mehr aufrecht erhalten.
Lagen damit zum maßgeblichen Zeitpunkt die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 57 Abs. 2 Nr. 2 Pfarrergesetz vor, war der Oberkirchenrat befugt, eine Ermessensentscheidung über die Versetzung des Klägers in den Wartestand zu treffen. Ermessenserwägungen kommen in dem angefochtenen Bescheid allerdings nur äußerst knapp zu Erwähnung. Dies macht den Bescheid jedoch nicht rechtswidrig. Denn angesichts der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Versetzung in den Wartestand, insbesondere des Umstands, dass der Pfarrer unhaltbar in seiner Gemeinde geworden sein muss, und der Zielrichtung der Maßnahme, wieder die Voraussetzungen für ein gedeihliches Miteinander zu schaffen, ist wohl in der Regel davon auszugehen, dass bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 57 Abs. 2 Nr. 2 PfGes die Versetzung in den Wartestand unausweichlich und lediglich bei a-typischen Sonderkonstellationen ein Absehen von dieser Maßnahme in Betracht zu ziehen ist. Zumindest aber sind im hier zu entscheidenden Fall keine Ermessensgesichtspunkte dargelegt oder sonst ersichtlich, die eine andere Entscheidung hätten rechtfertigen können. Deshalb war hier dem Oberkirchenrat die Entscheidung gleichsam bereits vorgegeben, weshalb es auf die Darstellung von Ermessenserwägungen im Bescheid nicht entscheidend ankommt.
Nicht ersichtlich ist, dass die Entscheidung willkürlich ergangen wäre oder der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht beachtet worden wäre. Insbesondere ergibt sich aus den Akten, dass der Sachverhalt ausreichend ermittelt und vor Erlass des angefochtenen Bescheides durch zahlreiche Gespräche, an denen der Kläger, der Kirchengemeinderat, das Besetzungsgremium, der Dekan, die Prälatin und Mitglieder des Oberkirchenrats beteiligt gewesen waren, versucht worden ist, eine Beruhigung der Situation herbeizuführen und wieder ein Klima des Mit- und nicht des Gegeneinanders zwischen den am Konflikt Beteiligten zu schaffen. Hieraus wird auch deutlich, dass der Vorwurf des Klägers an die Kirchenleitung, diese habe sich nicht in ausreichenden Maße um eine Konfliktbereinigung bemüht und trage deshalb eine Mitschuld an dem ihm widerfahrenen „Mobbing“ und der letztendlich entstandenen Situation, nicht haltbar ist.
Nach allem ist die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 89 Abs. 1 KVwGG.
gez. Müller
gez. Eiche
gez. Schlatter
gez. Kohler
gez. Dr. Deuschle