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Kirchengericht:Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
Entscheidungsform:Urteil
Datum:19.02.2005
Aktenzeichen:VG 12/04
Rechtsgrundlage:§ 3 Abs. 1 Württ. Kirchengemeindeordnung; § 5 Abs. 1 Württ. Kirchengemeindeordnung; Rechtsgedanke des § 46 bw LVwVfG a. F.; § 54 Satz 2 KVwGG
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Abwägung, Alternativen, Anhörung, Finaler Charakter einer Neugliederungsentscheidung, Folgen von Verfahrensfehlern, Heilung, Neugliederung von Kirchengemeinden

Leitsatz

und Urteil des Verwaltungsgerichts
der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
vom 18. Februar 2005

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Leitsatz:

  1. Über die Neubildung und Auflösung von Kirchengemeinden entscheidet der Oberkirchenrat. Den betroffenen Kirchengemeinden steht jedoch ein subjektives Recht darauf zu, dass solche Maßnahmen nur aus Gründen des kirchlichen Wohls und nach Anhörung der Beteiligten getroffen werden.
  2. Zum Inhalt der Anhörungspflicht.
  3. Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes kann nicht allein aus formellen Gründen verlangt werden, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können (vgl. § 46 LVwVfG a.F; wie Urteil des Verwaltungsgerichts der Evangelischen Landeskirche in Württemberg vom 25.10.2002 -VG 02/02-).
  4. Für die Neubildung und Auflösung von Kirchengemeinden verlangt § 5 der Kirchengemeindeordnung formell die Anhörung der „Beteiligten“. Die Gemeindeglieder als solche sind jedoch keine Beteiligten im formellen Sinne. Hiervon ist die materielle Ermittlungspflicht hinsichtlich der Auswirkungen auf die betroffenen Gemeindeglieder zu unterscheiden.
  5. Im Unterschied zu einfachen Ermessensentscheidungen, denen die Prüfung gesetzlicher Tatbestandsvoraussetzungen voranzugehen hat, verleiht der finale Charakter der Regelung eines komplexen Sachverhaltes einer Neugliederungs-entscheidung einen deutlichen planerischen Einschlag.
  6. Der Oberkirchenrat muss sich hinreichend mit allen sich aufdrängenden oder von den Beteiligten geltend gemachten Alternativen auseinandersetzen.
  7. Die vorzunehmende Abwägung erfordert, dass hinsichtlich der für und gegen die geplante Maßnahme sprechenden Gesichtspunkte der erhebliche Sachverhalt ermittelt, die Belange gewichtet und ihrem Gewicht entsprechend gegeneinander abgewogen werden. Dabei sind auch die Belange der betroffenen Gemeindeglieder zu berücksichtigen.8. Bei der gerichtlichen Prüfung ist von den in der Begründung der Entscheidung niedergelegten Gründen auszugehen, ergänzend sind die als zur Sache gehörend vorgelegten Akten heranzuziehen.
  8. Bei der gerichtlichen Prüfung ist von den in der Begründung der Entscheidung niedergelegten Gründen auszugehen, ergänzend sind die als zur Sache gehörend vorgelegten Akten heranzuziehen.
  9. Eine Aussetzung des Verfahrens zur Heilung von Verfahrens- und Formfehlern gemäß § 54 Satz 2 Kirchenverwaltungsgerichtsgesetz kommt nicht in Betracht, wenn die angefochtene Entscheidung nicht nur an Verfahrensfehlern, sondern auch an inhaltlichen Fehlern leidet. Auf die Bedenken gegen eine solche verwaltungsprozessuale Aussetzungsbefugnis des neutralen Gerichtes kommt es deshalb hier nicht an.
  10. Die Heilung eines Anhörungsfehlers ist gemäß § 5 Abs. 1 Württ. Kirchengemeindeordnung nur vor der Entscheidung des Oberkirchenrats möglich.
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Az: VG 12/04
In der Verwaltungsrechtssache
Ev. Kirchengemeinde ...,
vertreten durch den 1. Vorsitzenden des Kirchengemeinderats,
Herrn Pfarrer ...
- Klägerin -
prozessbevollmächtigt:
...
...
gegen
die Evangelische Landeskirche in Württemberg,
vertr. durch den Oberkirchenrat,
dieser vertr. d. d. Direktorin im Oberkirchenrat,
Frau Oberkirchenrätin Rupp,
Gänsheidestraße 4, 70184 Stuttgart
- Beklagte -
beigeladen:
Ev. Militärkirchengemeinde S.,
vertreten durch den 2. Vorsitzenden des Kirchengemeinderats,
Herrn B. …
wegen
Neugliederung
hat das Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg durch den Richter am Verwaltungsgericht Dipl.-Theol. Rainer E. Müller als Vorsitzenden den Richter am Verwaltungsgericht Friedrich Klein als Mitglied mit der Befähigung zum Richteramt
die Pfarrerin Erika Schlatter als ordiniertes Mitglied
den Pfarrer Christian Kohler als ordiniertes Mitglied
den Rechtsanwalt Dr. Dieter Deuschle als nichtordiniertes Mitglied
auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 18. Februar 2005 am 18. Februar 2005 für Recht erkannt:
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Tenor:

Die Entscheidung des Oberkirchenrats vom 15. Juli 2004 wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
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Tatbestand:

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Klägerin ist die im Jahre 1861 gegründete Evangelische Kirchengemeinde S.. Der Gemeindebezirk umfasst das Gebiet der Kreisstadt S. sowie der Gemeinden B., I., Sd. und K. mit insgesamt ca. 5.000 evangelischen Gemeindegliedern.
Beigeladen ist die Evangelische Militärkirchengemeinde S. Sie ist mit Wirkung vom 1. Juli 1964 für den Militärstandort S. als landeskirchliche Personalgemeinde errichtet worden. Sie ist die einzige Militärkirchengemeinde im Bereich der württembergischen Landeskirche. An den übrigen Standorten sind personale Seelsorgebereiche gebildet und bestehenden Kirchengemeinden zugeordnet worden. Die Zahl der Mitglieder der Militärkirchengemeinde S. hat sich von ehemals ca. 2.500 Soldaten und deren Angehörigen auf derzeit noch ca. 450 verringert. Zur Gemeinde zählt sich noch ein weiterer „ziviler“ Personenkreis von schätzungsweise 500 Personen. Von diesem haben sich nach Unterlagen des Oberkirchenrats ca. 100 Personen förmlich gemäß § 6 a Kirchengemeindeordnung umgemeldet.
Veränderungen in der Aufgabenstellung der Bundeswehr haben zu veränderten Arbeitsanforderungen an Militärgeistliche und Soldaten der Bundeswehr geführt. Diese Umstände sowie die angespannte Haushaltslage haben die Betroffenen veranlasst, die seinerzeit entwickelte Konzeption der Militärseelsorge in einer eigenständigen Militärkirchengemeinde zu überprüfen. Das Evangelische Kirchenamt für die Bundeswehr hat die Evangelische Landeskirche in Württemberg zuletzt mit Schreiben vom 15. Juli 2004 gebeten, die Militärkirchengemeinde aufzuheben.
Der Kirchengemeinderat der Militärkirchengemeinde beschloss, vorbereitet durch einen am 9. November 2000 eingesetzten Ausschuss, am 19. Juni 2001 in nichtöffentlicher Sitzung ein „Überlegungen des Kirchengemeinderates der Militärkirchengemeinde“ überschriebenes Papier zur Zukunft dieser Evangelischer Militärkirchengemeinde. Dabei wurden drei verschiedene Lösungsmodelle untersucht: Zum einen ein Modell „Gesamtkirchengemeinde S.“, das vom Kirchengemeinderat verworfen wurde, zum anderen ein Modell „zwei selbständige Gemeinden“, das als eine realistische Möglichkeit für den Fall, dass der Bestand der Militärkirchengemeinde in Frage gestellt würde, angesehen wurde, und drittens wurde auch die Weiterführung des Modells „Militärkirchengemeinde“ als eine weiterhin ernsthaft zu prüfende Möglichkeit erachtet.
Die Beigeladene brachte dieses so genannte Zukunftspapier mit Schreiben vom 2. Juli 2001 dem zuständigen Prälaten und mit Schreiben vom 30. Oktober 2001 dem zuständigen Dekan zur Kenntnis. In der Folgezeit fanden Gespräche zwischen dem Prälaten als Vertreter des Oberkirchenrats, dem Dekan als Vertreter des Kirchenbezirks und Vertretern der Militärkirchengemeinde statt, des Weiteren wurde auch mit dem zuständigen Militärdekan verhandelt.
Mit Schreiben vom 10. Januar 2002 bat der geschäftsführende Pfarrer der Evangelischen Kirchengemeinde S. den Prälaten um Information über den Stand der Dinge und brachte die Hoffnung des Kirchengemeinderates zum Ausdruck, dass durch bessere Information Spekulationen und Gerüchte abgebaut werden könnten und dass das Verhältnis zur Militärkirchengemeinde nicht unnötig belastet werde. Ihm wurde in einem Antwortschreiben mitgeteilt, mit den Vertretern der Militärkirchengemeinde sei vereinbart worden, dass der Prälat mit dem Dekan am 6. Februar nach S. (zu einem neuen Termin) komme, dann stehe er auch für die Evangelische Kirchengemeinde S. zur Verfügung.
In einem Ergebnisprotokoll über die gemeinsame Sitzung des Prälaten, des Dekans, des Verwaltungsstellenleiters, zweier Kirchengemeinderäte der Militärkirchengemeinde und des Militärpfarrers vom 6. Februar 2002 wurde u. a. festgehalten: Ziel und Anliegen der Sitzung sei, dass der Evangelische Oberkirchenrat in seinem Meinungsbildungsprozess unterstützt werde als Zwischenschritt vor konkreten Festlegungen und dass die Vertreter des Kirchenbezirks im Sinne einer vertrauensbildenden Maßnahme frühzeitig in den angestoßenen Prozess einbezogen werden sollten. Schließlich solle Pfarrer M. von der Evangelischen Stadtkirche anschließend durch den Prälaten in groben Umrissen in Kenntnis gesetzt werden zur Vermeidung weiterer Irritationen. Im Übrigen vereinbarten alle Beteiligten weiterhin Vertraulichkeit, auch für das Zukunftspapier und Protokolle.
Am 19. Juli 2002 beschloss der Kirchengemeinderat der Klägerin eine Stellungnahme zu dem ihm unterbreiteten Vorschlag einer Neugliederung. Er wandte sich gegen die Schaffung einer neuen Teilkirchengemeinde. Die Soldatenseelsorge könne – wie fast durchweg im Bundesgebiet – der vorhandenen evangelischen Kirchengemeinde im Rahmen eines personalen Seelsorgebezirkes angegliedert werden. Gründe für die Aufrechterhaltung eines Sonderstatus der Soldatenseelsorge bestünden nicht mehr, nachdem seit vielen Jahren auf Seiten der vorhandenen evangelischen Kirchengemeinde keinerlei Vorbehalte mehr gegenüber der Bundeswehr bestünden. Auch seien die Konsequenzen der Bildung einer neuen Teilkirchengemeinde hinsichtlich Pfarrstellen, sonstigen Personalstellen und Vermögen noch nicht genügend durchdacht. Völlig unverständlich erscheine im Übrigen die Vorstellung, dass im Falle der Bildung einer Gesamtkirchengemeinde die Ortssatzung von Kirchengemeinde und Militärkirchengemeinde auszuhandeln sei. Hierfür fehle die rechtliche Grundlage. Die bestehende Gemeinde solle ungeschmälert weiter bestehen, dies auch deshalb, weil ihr aufgrund eines Vertrages vom 24. Februar 1950 zwischen der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union und der Evangelischen Landeskirche in Württemberg garantiert worden sei, dass die Besonderheiten der bestehenden Gottesdienstordnung und der Ordnung des kirchlichen Lebens erhalten blieben, so lange sie es wünsche. Angesichts der eingreifenden Wirkung des unterbreiteten Vorschlags halte es der Kirchengemeinderat für unverzichtbar, zunächst eine Versammlung der wahlberechtigten Kirchengemeindeglieder einzuberufen.
Der Kirchengemeinderat der Beigeladenen erklärte am 11.09.2002 seine Zustimmung zu einem gemeinsamen Vorschlag von Oberkirchenrat und Evangelischem Kirchenamt in modifizierter Form dergestalt, dass die Bildung einer neuen, eigenständigen Kirchengemeinde links der Donau und die Bildung eines Koordinierungsausschusses durch Vertrag zwischen den beiden selbständigen Kirchengemeinden vorzusehen sei. Zur Begründung wurde darauf hingewiesen, dass der zu vollziehende Schritt für nicht wenige vor allem ältere Soldaten und Pensionäre sehr schmerzhaft sei, da sie in eine völlig neue und zunächst ungewohnte Gemeindestruktur umgepflanzt würden. Um sie als aktive Gemeindeglieder zu erhalten, sei es nötig, dass diese Menschen ein gutes Stück ihrer Identität unter neuem Vorzeichen bewahren könnten. Durch die Bildung einer Kirchengemeinde links der Donau würde nur die bereits bestehende örtliche Situation in eine entsprechende Struktur umgesetzt. Bereits seit geraumer Zeit fühlten sich viele Bewohner der umliegenden Wohngebiete zur Kreuzkirche gehörig und viele brächten sich schon jetzt aktiv im Gemeindeleben ein.
In der Folgezeit kam es zu keinem Einvernehmen zwischen Klägerin und Beigeladener.
Am 14. Oktober 2003 befasste sich das Kollegium des Oberkirchenrats mit der Situation in S.. In der Aussprache wurde festgestellt, dass sich die Militärkirchengemeinde weit über das ursprünglich Beabsichtigte hinaus entwickelt habe. Ihr jetziger faktischer Status und ihre liebgewonnenen Traditionen seien nicht mehr von den rechtlichen Formen umgriffen. Die Kirchenleitung müsse nun handeln und klare Ziel- und Zeitvorgaben formulieren. Es wurde u. a. beschlossen: Das Kollegium erkläre sein Einverständnis zur Auflösung der Militärkirchengemeinde S. und werde dazu eine Vereinbarung mit dem Militärbischof herbeiführen. Für den Fall der Auflösung der Militärkirchengemeinde sei zu klären, wie ihre bisherigen Gemeindeglieder der Kirchengemeinde S. zugeordnet würden. Der Oberkirchenrat empfehle den Verantwortlichen in S. zu prüfen, ob die Bildung einer Gesamtkirchengemeinde oder die Beibehaltung einer Kirchengemeinde sinnvoll sei. In beiden Fällen sei die Abgrenzung der Kirchengemeinden bzw. der künftigen Seelsorgebezirke zu prüfen. Zur Durchführung der Neuordnung werde empfohlen, die Gemeindeberatung beizuziehen. Der Oberkirchenrat wolle die Umsetzung der neuen Struktur bis zum 31. Dezember 2004 veranlassen. Zwischen dem Kirchenbezirk B. und der Kirchengemeinde S. seien Gespräche zur künftigen finanziellen Ausstattung erforderlich. Der Oberkirchenrat erkläre seine Bereitschaft, an diesen Gesprächen beratend mitzuwirken.
Dieser Beschluss wurde im Oktober 2003 in Reutlingen den Vertretern der beiden Kirchengemeinden in getrennten Besprechungen bekannt gegeben.
Auch bei dem Gespräch mit beiden Kirchengemeinderäten am 27. November 2003 kam es nicht zu Fortschritten. Dem Oberkirchenrat wurde von beiden Kirchengemeinden nahe gelegt, eine Entscheidung in der Sache zu treffen.
Zur Kollegialsitzung des Oberkirchenrats am 6. April 2004 legte das Dezernat 8 verschiedene Modelle für die Bildung einer Gesamtkirchengemeinde vor. U. a. sah das Modell A drei Teilgemeinden, das Modell B zwei Teilgemeinden vor. Das Kollegium des Oberkirchenrats fasste folgenden Beschluss:
  1. Das Kollegium stimmt der Einrichtung einer Gesamtkirchengemeinde S. … zu.
  2. Das Kollegium ist einverstanden, dass auf der Grundlage des Modells B die Evangelische Kirchengemeinde S. und die Evangelische Kreuzkirchengemeinde um eine Stellungnahme gebeten und am 19. Mai 2004 angehört werden.
  3. Das Evangelische Kirchenamt für die Bundeswehr soll … zu Modell B um eine Stellungnahme gebeten … werden.
Mit Begleitschreiben vom 30. April 2004 legte die Klägerin darauf dem Oberkirchenrat eine Stellungnahme zur Neuordnung vom 1. März 2004 vor. Dabei sprach sie sich für das Strukturmodell einer einheitlichen Kirchengemeinde aus. Dieses Modell könne den zukünftigen Herausforderungen örtlich und darüber hinaus gerecht werden, es lasse Raum für Gewachsenes, für neue Ideen und Entfaltungen im gemeindlichen Leben und stelle die Geschlossenheit der evangelischen Christen in S. und Umgebung sicher. Die Schaffung einer Gesamtkirchengemeinde sei nicht vertretbar, da sie keine zukunftsfähige Lösung darstellen würde. Nur für den Fall, dass der Oberkirchenrat dies anders sehe, weise man darauf hin, dass die Gesamtkirchengemeinde dann konsequenterweise auf jeden Fall aus drei etwa gleich großen Teilkirchengemeinden bestehen müsste.
Die Beigeladene nahm mit Schreiben vom 26. April 2004 und 30. April 2004 Stellung. Man sehe in der aufgezeigten Vorentscheidung des Kollegiums vom 6. April 2004 eine gute Grundlage für die jetzt notwendige Ausgestaltung einer Ortssatzung. Die geplante Schaffung einer Gesamtkirchengemeinde mit zwei Einzelgemeinden wurde als positives Signal für die Zukunft der Militärkirchengemeinde gesehen. Zugleich wurde auf Probleme bei der geplanten Gestaltung des Haushaltsrechts hingewiesen. Schließlich wurde gebeten, in der Phase des Umbruchs beim Erarbeiten einer gemeinsamen Ortssatzung und den damit verbundenen Veränderungen in der Leitung und Verwaltung der Kirchengemeinde, vor allem in seelsorgerlicher Hinsicht, zum Wohle der Gemeinde Kontinuität zu wahren.
Am 19. Mai 2004 wurden Klägerin und Beigeladene im Oberkirchenrat getrennt mündlich angehört.
Der Klägerin wurde dabei auf eine entsprechende Frage hin die Vorgehensweise wie folgt erläutert: Zunächst solle aus der Kirchengemeinde S. ein Gemeindebezirk ausgegliedert und daraus eine eigenständige Kirchengemeinde gebildet werden. Diese Kirchengemeinde werde mit der weiter bestehenden Kirchengemeinde zu einer Gesamtkirchengemeinde zusammengeschlossen. Die Militärkirchengemeinde S. werde aufgelöst und in einen personalen Seelsorgebezirk überführt. Dieser werde der neu gebildeten Kirchengemeinde angeschlossen. Seitens der Klägerin wurde darauf hingewiesen, dass der personale Seelsorgebezirk auch der bestehenden Kirchengemeinde S. angeschlossen werden könnte. Der Oberkirchenrat wies darauf hin, nachdem eine einvernehmliche Lösung hinfort nicht möglich gewesen sei, müsse unter Abwägung der unterschiedlichen Interessen der Militärkirchengemeinde und der Kirchengemeinde S. entschieden werden. Einerseits bestehe ein Interesse an der Wahrung der Tradition der Militärkirchengemeinde, auf der anderen Seite sei die Wahrung eines einheitlichen Auftretens der evangelischen Kirche im katholischen Umfeld in S. wichtig. Die Klägerin machte geltend, der Oberkirchenrat habe die Kirchengemeinde vor vollendete Tatsachen gestellt und nicht mit offenen Karten gespielt. Die Situation sei psychologisch verfahren. Auch wurde kritisiert, dass der Oberkirchenrat die Öffentlichkeit nicht rechtzeitig informiert habe. Auf Rückfrage wurde hinsichtlich der Vertretungsorgane erläutert: Für die neu gebildete Kirchengemeinde werde zunächst eine ortskirchliche Verwaltung eingesetzt. Die Wahl eines Kirchengemeinderats solle innerhalb von zwei Jahren nach Einsetzung erfolgen. Die Ortssatzung habe die Kirchengemeinde S. zu entwerfen und dem Oberkirchenrat zur Prüfung und Genehmigung vorzulegen. Zur Erstellung dieses Entwurfs sei es notwendig, dass der Kirchengemeinderat mit dem Kirchengemeinderat der Militärkirche zusammen arbeite. Von Seiten der Klägerin wurde die Frage angesprochen, wer zur neuen Kirchengemeinde gehören solle. Nur die Gemeindeglieder der Militärkirchengemeinde, die dort wohnten, oder alle? Es wurde auch auf die Problematik des Namens „Kreuzkirchengemeinde“ hingewiesen. Dieser Name werde sofort mit der Militärkirchengemeinde verbunden und stelle eine Provokation dar. Der anwesende Dekan erklärte, dass der Name als Arbeitstitel zu verstehen sei. Er wies auch auf die Möglichkeit der Ummeldung von einer Kirchengemeinde in die andere hin. Von Seiten des Oberkirchenrats wurde das Anliegen Einheitlichkeit des Erscheinungsbildes aufgegriffen. Die Aufgaben seien zwischen dezentralen Kirchengemeinden und der zentralen Gesamtkirchengemeinde ausgewogen abzugrenzen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das bei den Akten befindliche Protokoll Bezug genommen.
Bei der Anhörung der Beigeladenen wurde ebenfalls die Vorgehensweise bei der Bildung der neuen Kirchengemeinde beschrieben sowie Einzelheiten bei der Bildung der ortskirchlichen Verwaltung. Des Weiteren wurden Fragen der Abgrenzung zwischen Kirchengemeinden und damit auch zwischen den Seelsorgebezirken erörtert. Seitens der Militärkirchengemeinde wurde befürchtet, dass der Prozess scheitern werde, wenn die Militärkirchengemeinde aufgelöst werde, bevor die Ortssatzung feststehe. Vom Oberkirchenrat wurde entgegnet, dass die Ortssatzung feststehen müsse, bevor eine neue Kirchengemeinde und eine Gesamtkirchengemeinde gebildet würden. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Interessen der Militärkirchengemeinde in dreifacher Weise abgesichert seien. Die Militärkirchengemeinde sei in der moderierten Arbeitsgruppe vertreten. Der Oberkirchenrat habe ihre Interessen bei der Genehmigung der Ortssatzung zu berücksichtigen und die Militärkirchengemeinde könne nicht gegen den Willen des Militärbischofs aufgelöst werden. Schließlich wurde ausgeführt, dass die Militärkirchengemeinde nicht in eine Gebietskirchengemeinde überführt werde. Es werde eine neue Kirchengemeinde gebildet mit einem starken Schwerpunkt in der Militärseelsorge. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das bei den Akten befindliche Protokoll Bezug genommen.
In der Kollegialsitzung des Oberkirchenrats vom 13. Juli 2004 wurde darauf hingewiesen, angesichts des zu erwarteten Widerstandes sei eine Alternative in den Blick zu nehmen: Der Militärkirchengemeinde könnte eine Pfarrstelle zugeordnet und mit dieser Pfarrstelle ein Seelsorgebezirk in S. verbunden werden. Beide Kirchengemeinderäte wären im Besetzungsgremium vertreten, die Stelleninhaberin oder der Stelleninhaber säße in beiden Gemeinderäten. Dafür bräuchte man keine Strukturänderung. In einer kurzen Aussprache wurde für das Aufzeigen dieser möglichen Alternative gedankt. Weiter wurde geltend gemacht, man solle sie aber lediglich im Hinterkopf behalten. Vielmehr müsse man jetzt die bisher beschlossene Lösung weiter betreiben und die Diskussion abwarten. Eine Lösung auf Strukturebene sei wichtig. Man müsse einen hohen Arbeitseinsatz und zur Not eben auch ein Gerichtsverfahren in Kauf nehmen.
Mit Schreiben vom 15. Juli 2004 wurde der Klägerin folgende Entscheidung bekannt gegeben:
  1. Die Evangelische Kirchengemeinde S. wird gemäß § 3 Abs. 1 Kirchengemeindeordnung in die Evangelische Stadtkirchengemeinde S. und die Evangelische Kreuzkirchengemeinde S. aufgeteilt und aus beiden die Evangelische Gesamtkirchengemeinde S. gebildet.
  2. Die Evangelische Stadtkirchengemeinde S. und die Evangelische Kreuzkirchengemeinde S. werden je aus den Gemeindegliedern (ihres) Gemeindebezirks gebildet.
  3. Der Gemeindebezirk der Evangelischen Stadtkirchengemeinde S. umfasst das Gebiet der bisherigen Evangelischen Kirchengemeinde S. ohne das Gebiet der Evangelischen Kreuzkirchengemeinde S. Dieses wird im Stadtgebiet S. nördlich, westlich und südlich durch die Bahnlinien S.-B. und S.- Sd. begrenzt. Außerhalb des Stadtgebiets S. gehören dazu die evangelischen Gemeindeglieder, die in den Gemeinden B. und Sd. wohnen.
  4. Die Entscheidung wird zum 1. Januar 2005 wirksam.
Zur Begründung wurde u. a. folgender Sachverhalt festgestellt:
Die Veränderungen in der Situation machten es nach Aussage des Evangelischen Kirchenamtes für die Bundeswehr notwendig, die Evangelische Militärkirchengemeinde S. aufzuheben, ihre Gemeindeglieder den Wohnsitz-Kirchengemeinden zuzuordnen und für sie einen personalen Seelsorgebereich zu bilden und einer Kirchengemeinde zuzuordnen. Das Evangelische Kirchenamt für die Bundeswehr habe mit Schreiben vom 15. Juli 2004 gebeten, die Militärkirchengemeinde S. aufzuheben. Hierfür gebe es – im Einzelnen dargelegte – Gründe. Wegen der nach Meinung des Kirchenamtes erforderlichen künftigen Aufhebung der Militärkirchengemeinde hätten sich das Dekanatamt und der Oberkirchenrat bemüht, im Einvernehmen mit den beiden bestehenden Kirchengemeinden zu einer neuen Strukturierung der Arbeit zu kommen. Es hätten sich im Wesentlichen zwei Lösungsmöglichkeiten herausgestellt, nämlich:
  1. die Zuordnung eines personalen Seelsorgebereichs zur bestehenden ungeteilten Evangelischen Kirchengemeinde in S. und
  2. die Aufteilung der Evangelischen Kirchengemeinde S. in zwei Kirchengemeinden, die zu einer Gesamtkirchengemeinde zusammengeschlossen würden und die Zuordnung des personalen Seelsorgebereichs zu einer der beiden an ihr beteiligten Kirchengemeinden. Die jetzt gebildete Kreuzkirchengemeinde werde etwa 1.400 Gemeindeglieder umfassen.
Die Militärkirchengemeinde habe an ihrem weiteren Vorschlag zweier vollständig getrennter Kirchengemeinden in S. nicht festgehalten. Weitere Vorschläge seien nicht gemacht worden. Bereits in der letzten Visitation der Kirchengemeinde und auch in der Zwischenvisitation 1998 habe der Dekan Überlegungen zu einer Neustrukturierung der Militärseelsorge angestellt, weil schon damals vorhersehbar gewesen sei, dass die hohe Ausstattung beim Stundendeputat im Sekretariat und die umfangreiche Kindergartenarbeit in der Militärkirchengemeinde auf Dauer vom Kirchenbezirksausschuss B. nicht – wie bisher – aus Steuernmitteln unterstützt werden könnten. Bei aller fachlichen Anerkennung der Arbeit der Militärkirchengemeinde habe die Höhe der erforderlichen Steuerzuweisungen außer Verhältnis zu der an andere Kirchengemeinden gestanden. Die Entscheidung über die Reduzierung der Zuweisung habe der Kirchenbezirksausschuss inzwischen getroffen. Schon damals habe der Dekan die zweite Lösung mit der Bildung einer Gesamtkirchengemeinde vorgeschlagen. Zu einer Einigung der Kirchengemeinden sei es jedoch nicht gekommen. Das Verhältnis der beiden Kirchengemeinden sei in den zurückliegenden Jahren von nicht unerheblichen Differenzen untereinander geprägt gewesen. Dieses schwierige Verhältnis sei auch wiederholt Gegenstand öffentlicher Auseinandersetzungen gewesen. Verschiedene Versuche, auch durch personelle Veränderungen in der Besetzung der Pfarrämter zu einer Beruhigung der Situation zu gelangen, seien ohne Ergebnis geblieben. Die Veränderungen in der Struktur der Bundeswehr fielen zeitlich mit diesen Auseinandersetzungen zusammen, weshalb das Kirchenamt auf eine schnelle Lösung dränge.
Die Entscheidung werde danach inhaltlich im Wesentlichen wie folgt begründet:
Dem Verlangen des Kirchenamtes nach einer Aufhebung der Militärkirchengemeinde könne sich der Oberkirchenrat nach Abwägung der Argumente nicht entziehen. Eine Änderung sei geboten, wenn eine Betreuung der Soldatinnen und Soldaten in einer Militärkirchengemeinde nicht mehr sinnvoll möglich sei und die Einrichtung eines personalen Seelsorgebereichs auch unter Berücksichtigung der entgegenstehenden berechtigten Interessen der von dessen Zuordnung Betroffenen erheblich bessere Möglichkeiten zur Wahrnehmung der Militärseelsorge erbringe. Diese Voraussetzungen seien hier gegeben. Die zahlreichen Auslandsaufenthalte und die Notwendigkeit der Begleitung durch den Standortpfarrer ließen eine sinnvolle Versorgung in einer Militärkirchengemeinde nicht mehr zu. Auch könne von der Militärseelsorge nicht erwartet werden, dass sie mit eigenem Personal an dem hierfür mittlerweile zu klein gewordenen Standort S. die pfarramtliche Vertretung insbesondere für die umgemeldeten Gemeindeglieder regele. Ummeldungen müssten normalerweise von der Kirchengemeinde, zu der die Ummeldung stattfinde, ohne Ausgleich hingenommen werden. Im Verhältnis zur Militärseelsorge sei dieses aufgrund des Militärseelsorgevertrages jedoch anders. Der Militärpfarrer habe diese Aufgaben bisher freiwillig übernommen. Wenn er dies nicht mehr könne, sei die Betreuung von der Landeskirche sicher zu stellen. Ebenso könne von der Militärseelsorge nicht wegen der umgemeldeten Gemeindeglieder die Beibehaltung der Militärkirchengemeinde verlangt werden. In S. sei nun der Fall gegeben, dass in einem personalen Seelsorgebereich eine bessere Voraussetzung für die seelsorgerliche Versorgung der Soldatinnen und Soldaten und ihrer Angehörigen gegeben sei als in einer Militärkirchengemeinde. Damit sei zu entscheiden, welcher Kirchengemeinde der personale Seelsorgebereich nach einer Aufhebung der Militärkirchengemeinde zugeordnet werden solle. Die Entscheidung habe den Eingriff in den Bestand der Kirchengemeinden und die Belange der jeweiligen Gemeindeglieder, der Gremien und des Militärbischofs in Ausgleich zu bringen. In Abwägung dieser Gesichtspunkte sei der Oberkirchenrat zu seiner Entscheidung gelangt, die die unterschiedlichen Belange am besten in Ausgleich bringe. Ein berechtigtes Anliegen der Militärkirchengemeinde und ihrer Mitglieder sowie der Militärseelsorge sei dabei, auch künftig die Möglichkeit einer Identifikation mit der kirchlichen Arbeit einer Kirchengemeinde zu haben, in der sie keine völlig untergeordnete Minderheit sei, und ihr bisheriges Gemeindeleben fortzuführen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die Militärkirchengemeinde durch die vorgesehene Auflösung ohnehin die Möglichkeit der Identifikation über einen von ihr allein gewählten Kirchengemeinderat und ihre Qualität als eigene Körperschaft des öffentlichen Rechts verliere. Die Entscheidung könne nicht unabhängig von der Tatsache getroffen werden, dass die Militärkirchengemeinde S. ein ausgeprägtes eigenes Gemeindeleben entwickelt und sich zum geistigen Mittelpunkt auch für Gemeindeglieder aus S. entwickelt habe. Bei einer Zuordnung des Seelsorgebereichs zu einer ungeteilten Kirchengemeinde wäre eine geringere Repräsentanz der Angehörigen des personalen Seelsorgebezirks in der Militärseelsorge im Kirchengemeinderat vorhersehbar. Das Pfarramt an der Kreuzkirche würde zwar eine Parochie erhalten, die die Umgebung der Kreuzkirche umfasse, der personale Seelsorgebereich wäre aber ausschließlich vom Militärgeistlichen, der dann Sitz und Stimme im Kirchengemeinderat erhalten würde, zu vertreten. Die Stellenbesetzung der zivilen Pfarrstelle an der Kreuzkirche würde durch den ganzen Kirchengemeinderat vorgenommen. Wegen der häufigen dienstlich bedingten Abwesenheit des Militärgeistlichen würde die gewachsene lebendige Gemeindearbeit der bisherigen Militärkirchengemeinde nicht integriert, sondern ernsthaft gefährdet. Nach § 17 des Kirchengesetzes der EKD zur Regelung der Evangelischen Seelsorge der Bundeswehr sollten die Gliedkirchen durch geeignete Maßnahmen dazu beitragen, dass die Seelsorge der Bundeswehr und die mit ihrer Wahrnehmung beauftragten Geistlichen Teil des kirchlichen Lebens der Gliedkirche seien. Sowohl für die Landeskirche als auch für die Militärseelsorge bestehe der Auftrag, eine Zuordnung des künftigen Seelsorgebereichs zu einer Kirchengemeinde vorzusehen, in der die Identität der bisherigen Militärkirchengemeinde ein Stück weit gewahrt und weitergelebt werden könne. Denn nur dann könne von einer Wahrung der Gemeinschaft zwischen der Kirchengemeinde S. einerseits und den Soldatinnen und Soldaten und der Militärseelsorge andererseits gesprochen werden.
Bei der Zuordnung des neu zu bildenden personalen Seelsorgebereichs zur ungeteilten Evangelischen Kirchengemeinde wäre eine wenigstens teilweise Wahrung der bisherigen Identität kaum möglich. Bei einer Teilung in zwei beteiligte Kirchengemeinden und deren Zusammenfassung in einer Gesamtkirchengemeinde sei jedoch damit zu rechnen, dass in dem kleineren Bezugsrahmen die Einbeziehung der Mitglieder des personalen Seelsorgebereichs in das Gemeindeleben mit einer gewissen Präsenz gelinge, ohne dass andererseits die Mitglieder der bisherigen Militärkirchengemeinde (mit ihren ca. 450 Gemeindegliedern gegenüber den ca. 1400 Gemeindegliedern) im Bereich der Kirchengemeinde zu dominant würden. Auch unter Berücksichtigung der Ummeldungen zur Militärkirchengemeinde könne beim gegebenen Zahlenverhältnis nicht ernsthaft von einer Vereinnahmung der betreffenden Kirchengemeindeglieder durch die Militärseelsorge gesprochen werden.
Hauptziel der Evangelischen Kirchengemeinde S. sei, ihre rechtliche Einheit zu bewahren, weil in der Diaspora ein einheitliches Auftreten für erforderlich gehalten werde, ein höherer Verwaltungsaufwand befürchtet werde wie auch die Vereinnahmung eines Teils der Kirchengemeinde durch die Militärseelsorge. Auch in Abwägung mit diesen Einwendungen könne die Teilung der Evangelischen Kirchengemeinde S. und ihren Gremien zum Zweck der Integration des personalen Seelsorgebereichs eher zugemutet werden, als der Militärkirchengemeinde die dauerhafte Arbeit in einer unzulänglichen Struktur mit großen Problemen in der pfarramtlichen Versorgung. Dabei werde nicht übersehen, dass in der Teilung ein erheblicher Eingriff in die Rechte des bisherigen Kirchengemeinderats und der Gemeindeglieder liege. Insbesondere sei auch die schwierige Situation zu sehen, in die eine Diasporagemeinde kommen könne, wenn sie nicht als einheitliche Gemeinde auftreten könne. Bei einer Bildung von zwei Kirchengemeinderäten ergebe sich ein Abstimmungsbedarf im Blick auf das öffentliche Auftreten, es wachse die Gefahr einer Doppelung von Angeboten und damit auch der Konkurrenz zweier Kirchengemeinden in einem Ort. Demgegenüber müsse allerdings in Rechnung gestellt werden, dass diese Konkurrenz in einer verschärften Form bereits jetzt gegeben sei. Die Bildung zweier Kirchengemeinden mit örtlichem Zuständigkeitsbereich werde zu einer eher vergleichbaren Situation der beiden Kirchengemeinden führen. Beide müssten die weniger engagierten Gemeindeglieder integrieren und die seelsorgerliche und gemeindliche Versorgung der ganzen Gemeinde in den Blick nehmen. Die Existenz der Militärkirchengemeinde mit ihrem gemeindlichen Mittelpunkt in der Kreuzkirche führe bereits jetzt in der Umgebung der Kreuzkirche insofern zu einer schwierigen Situation, als eine Orientierung auf dieses Kirchengebäude und die dortigen Veranstaltungen ohnehin stattfinde und damit zu einer Teilung der Gemeindeglieder führe. Die darin liegende Polarität werde durch die Bildung zweier Kirchengemeinden voraussichtlich gemildert, da dann gemeindlicher Mittelpunkt aller Gemeindeglieder des gesamten Wohnbereichs um die Kreuzkirche mit den dort stattfindenden Gottesdiensten und weiteren Veranstaltungen sein werde. Die Forderung der Evangelischen Kirchengemeinde S. nach Einheitlichkeit im öffentlichen Auftreten in einer Diasporasituation sei durch die Bildung einer Gesamtkirchengemeinde zumindest teilweise erfüllt. Es sei eine Strukturierung dergestalt möglich, dass nach außen kein Bild der Uneinigkeit entstehen müsse. Durch den Begriff Gesamtkirchengemeinde werde zum Ausdruck gebracht, dass die Gemeinde auch als mehrere Orte zusammenfassende Einheit bestehe. Die Aufgaben nach § 1 der Kirchengemeindeordnung würden zwischen den beteiligten Kirchengemeinden und der Gesamtkirchengemeinde durch die Ortssatzung aufgeteilt. Der Vorschlag, durch personelle Veränderungen in der Besetzung der Pfarrstellen zu einer Lösung der immer wieder aufkommenden Konflikte zu kommen, sei nicht geeignet, wie sich an den bisherigen vergeblichen Versuchen zeige. Nicht eine personelle Veränderung, sondern eine neue Struktur mit einer engeren Zusammenarbeit aller handelnden Personen verspreche eine Verbesserung. Nicht genügt hätte es, nach der Aufteilung der Evangelischen Kirchengemeinde S. den beiden neugebildeten Kirchengemeinden zu überlassen, ob eine Gesamtkirchengemeinde gebildet werde. Die für die Einheitlichkeit des Auftretens vorgebrachten Argumente wögen hierfür zu schwer. Es sei auch nur durch die Bildung der Gesamtkirchengemeinde zu erwarten, dass sich der bestehende langjährige Konflikt nicht ständig fortsetze, denn der Gesamtkirchengemeinderat habe nicht nur verwaltende, sondern auch geistliche Funktion und habe die Einheit am Ort zu repräsentieren. Der Einwand, die Bildung der Gesamtkirchengemeinde verursache einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand, greife demgegenüber nicht. Eine Aufsplitterung der Verantwortlichkeiten und der Verwaltung wäre kaum zu verantworten, insbesondere der Bereich der Gebäudebetreuung und Vermögensverwaltung solle künftig in einer Hand bleiben. Auf die Bedenken der Evangelischen Kirchengemeinde S. hin habe deshalb der Oberkirchenrat beschlossen, einen andern Weg zur Bildung einer Gesamtkirchengemeinde zu wählen, der wesentlich weniger Eigentumsübergänge bei dem Grundvermögen nötig mache, wenn das ungeteilte Vermögen der Evangelischen Kirchengemeinde S. in das Eigentum der künftigen Gesamtkirchengemeinde überführt werde, die dann auch die Baulast für alle Gebäude und die Haushaltsverantwortung trage. Auch könne so die Entstehung von Grunderwerbssteuer eher vermieden werden. Dem Verlangen der Militärkirchengemeinde nach einer weitgehenden Selbstständigkeit im Bereich des Haushaltes könne nicht gefolgt werden, weil dies zu erheblichen Mehrkosten durch eine doppelte Verwaltungsstruktur führen müsste. Auch könne diese nicht verlangen, dass vollständig getrennte Haushalte aufgestellt würden. Allerdings würden (beiden Teilgemeinden) eigene Entscheidungsbefugnisse im jeweiligen Aufgabenkreis zuzugestehen sein sowie die entsprechende Bewirtschaftungsbefugnis.
Aus diesen Gründen bilde der Oberkirchenrat unter Aufteilung der Evangelischen Kirchengemeinde S. die Gesamtkirchengemeinde S. und ordne die Vermögensnachfolge der Gesamtkirchengemeinde in das Vermögen der Evangelischen Kirchengemeinde S. an. Die Vermögensnachfolge der Militärkirchengemeinde müsse gesondert geregelt werden. Denn nach alledem sei die verfügte Bildung der Gesamtkirchengemeinde die einzige Möglichkeit, eine dauerhaft funktionsfähige Struktur in S. herbeizuführen.
Bei der Abgrenzung der beiden Kirchengemeinden sei versucht worden, auf die bisher geäußerten Wünsche soweit wie möglich Rücksicht zu nehmen. Einerseits würden der Kreuzkirche auch Außenorte zugeordnet. Andererseits liege das Gemeindegebiet um die Kirche und um den Kindergarten. Bahnlinien seien starke Zäsuren in einem Stadtgebiet und würden weit eher als Straßen zur Abgrenzung von Schul- und Kindergartengrenzen herangezogen. Sollte einvernehmlich eine andere Grenzziehung gewünscht werden, so sei der Oberkirchenrat zu einer Änderung der Gemeindegrenzen bereit.
Ergänzend werde auf folgendes hingewiesen: Die Ortssatzung, die die Aufgabenverteilung festlege, werde vom Kirchengemeinderat der Kirchengemeinde S. zu erlassen sein. Sie bedürfe der Genehmigung des Oberkirchenrats, der darauf zu achten habe, dass auch die Belange der Militärkirchengemeinde Beachtung fänden. Der Oberkirchenrat habe die Erwartung, dass eine solche Ortssatzung von der Kirchengemeinde unter Beteiligung der Vertreter der Militärkirchengemeinde so ausgearbeitet werde, dass sie die Zustimmung beider Gremien finde. Eine solche Ortssatzung müsse noch vor dem 1. Januar 2005 beschlossen sein. Im Blick auf das Verfahren empfehle man dringend, von der im Anhörungsverfahren besprochenen Möglichkeit Gebrauch zu machen und einen Arbeitskreis zu bilden, der die Ortssatzung vorberate. Dieser Arbeitskreis sollte durch eine externe Moderation unterstützt werden. Die Evangelischen Kirchengemeinde S. und die Evangelische Militärkirchengemeinde S. würden darauf hingewiesen, dass der Beschluss einer Ortssatzung nach Möglichkeit spätestens bis zum 31. Oktober 2004 erfolgt sein solle. Wenn bis dahin keine Ortssatzung erstellt sei, die die Zustimmung der beiden Kirchengemeinden erhalte, sei der Erlass einer Verordnung zur Aufhebung der Evangelischen Militärkirchengemeinde S. bis zum Ende des Jahres stark erschwert. Der Oberkirchenrat müsse seine Genehmigung der Ortssatzung auch noch mit dem Militärbischof abstimmen. Er bitte daher, recht bald die Ausarbeitung einer solchen Ortssatzung, zu der die Evangelische Kirchengemeinde nach § 51 Abs. 1 der Kirchengemeindeordnung verpflichtet sei, vorzunehmen.
Am 13. August 2004 hat die Klägerin Klage erhoben.
Zur Begründung lässt sie im Wesentlichen geltend machen:
Die Klägerin habe sich nicht leichtfertig zur Inanspruchnahme gerichtlichen Schutzes entschlossen und wehre sich dagegen, wenn ihr Entschluss zur Erhebung einer Klage als ungehörig kritisiert worden sei. Ihr sei die durchaus begrenzte Reichweite der institutionellen Garantie des Bestandes von Kirchengemeinden ebenso bekannt wie die formelle Zuständigkeit des Oberkirchenrats für einschlägige Entscheidungen. Sie wisse daher, dass der Oberkirchenrat auch nach einer kirchengerichtlichen Aufhebung seiner Entscheidung formal nicht gehindert wäre, auf der Grundlage eines dann korrekten Verfahrens und mit dann ermessensfehlerfreien Erwägungen erneut über ihren Fortbestand zu entscheiden. Jedoch werde die auf eine Halbierung der Klägerin hinzielende so zu nennende Geheimdiplomatie der Leitung der Evangelischen Militärkirchengemeinde S. als inakzeptabel empfunden. Deren Vorgehen sei von der Kirchenleitung nicht nur hingenommen, sondern sogar noch unterstützt und im Ergebnis honoriert worden. Sachliche Einwände und Besorgnisse der Gemeindeglieder der Klägerin würden auch gegenwärtig noch damit abgetan, dass diese einseitig informiert worden seien. Auch sei zu rügen, dass Schreiben an kirchenleitende Personen mit auch denunziatorischem und diffamierendem Charakter nicht zum Anlass genommen worden seien, in Erfüllung der Fürsorgepflicht sich verbal schützend vor die Betroffenen zu stellen. Als mehr als befremdlich sei auch die im bisherigen Verfahren zum Ausdruck gebrachte Geringschätzung der Arbeit der Geistlichen der Klägerin empfunden worden. Auch werde angezweifelt, dass sich die Entscheidung des Oberkirchenrats in die allgemeine finanzielle Situation der Landeskirche konsistent einfüge. Die angegriffene Entscheidung sei in einem absolut intransparenten Verfahren zustande gekommen, in welchem die berechtigten Belange der Klägerin nicht einmal ansatzweise beachtet worden seien. Geheimverhandlungen und Machtentscheidungen ohne auch nur rudimentäres Gespür für Empfindungen kirchlich noch engagierter Gemeindeglieder vertrügen sich nicht mit dem ureigenen Auftrag der Kirche.
In rechtlicher Hinsicht sei die angefochtene Entscheidung gesetzwidrig zustande gekommen, weil zwar eine Anhörung der Klägerin stattgefunden habe, jedoch zu einer Entscheidung anderen Inhalts, als er jetzt in der angefochtenen Entscheidung enthalten sei. Denn bei der Anhörung sei als Vorgehensweise erläutert worden, dass zunächst durch Ausgliederung eine weitere eigenständige Kirchengemeinde gebildet werde und die beiden Kirchengemeinden dann in einer Gesamtkirchengemeinde zusammengeschlossen würden. Der Oberkirchenrat regle aber bewusst nicht die Abspaltung eines Teiles der Klägerin, sondern deren Auflösung und Überführung in zwei vollständig neue Kirchengemeinden. Der Oberkirchenrat gehe davon aus, dass sich die Amtszeit des gegenwärtigen Kirchengemeinderates mit der Bildung der neuen Kirchengemeinden von selbst erledige und an seiner Stelle zwei ortskirchliche Verwaltungen zu bilden seien. Bei der Anhörung sei hingegen von einer ortskirchlichen Verwaltung für eine neugebildete Kirchengemeinde die Rede gewesen. Wäre der Klägerin die Absicht zu ihrer Auflösung in der Anhörung eröffnet worden, hätte sie dagegen noch schärfer protestieren müssen, denn mit der nun getroffenen Entscheidung werde sie in ihrer Identität ersatzlos eliminiert. Die neuzubildende Stadtkirchengemeinde könne weder die nunmehr 150-jährige Tradition der Klägerin fortsetzen, noch hätte sie einen Anspruch auf Weiterführung ihrer spezifischen Liturgie nach Maßgabe des Vertrages vom 24. Februar 1950 zwischen der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union und der Evangelischen Kirche in Württemberg. Auf diesen Vertrag habe man ausdrücklich hingewiesen. Auch deshalb sei nicht nachvollziehbar, wenn der Oberkirchenrat der Ansicht sei, im Vergleich zu dem in der Anhörung erörterten Modell stelle die von ihm gewählte Lösung nur eine geringfügig andere Möglichkeit zur Erreichung einer Gesamtkirchengemeinde dar. Dies gelte erst Recht in Anbetracht der Tatsache, dass der Oberkirchenrat im Blick auf die rund 40 Jahre alte Evangelische Militärkirchengemeinde S. die Wahrung der Identität als besonders schützenswerten Aspekt mehrfach ausdrücklich herausgestellt habe. Die vollständige Aufhebung der Identität der 150 Jahre alten Klägerin wäre auf jeden Fall speziell anhörungspflichtig gewesen. Interessanterweise heiße es im Protokoll der Anhörung der Evangelischen Militärkirchengemeinde S. zur Vorgehensweise: „Die Evangelische Kirchengemeinde S. wird in zwei Kirchengemeinden aufgeteilt.“ Weiter sei das Verwaltungsverfahren rechtsfehlerhaft. Es sei ein Geheimverfahren mit systematischer Desinformation der Klägerin gewesen. Das fehlerhafte Verfahren habe nachhaltige Auswirkungen auf den Inhalt der Entscheidung gehabt. Die angefochtene Entscheidung sei nicht das Ergebnis eines Prozesses der gerechten Abwägung unterschiedlicher Belange gewesen. Die Grundsatzentscheidung sei vielmehr als Dezision einzelner Personen bereits im April 2002 getroffen und sodann vom Kollegium mit Beschluss vom 6. April 2004 nur noch bestätigt worden. Es sei fraglich, ob es sich bei den dem Gericht vorgelegten Akten des Oberkirchenrates um den gesamten einschlägigen Aktenbestand handele. Doch könne dies dahinstehen, denn bereits die übersandten Akten ergäben hinreichende deutliche Anhaltspunkte für ein unkorrektes Verwaltungsverfahren, das die Klägerin in ihren Rechten verletze. Durchgehend sei das Verwaltungsverfahren von einer kategorischen Geheimhaltung gegenüber der Klägerin, nicht gegenüber der Evangelischen Militärkirchengemeinde S., geprägt gewesen. Die angefochtene Entscheidung sei inhaltlich entscheidend präjudiziert worden durch das sogenannte Zukunftspapier des Kirchengemeinderates der Evangelischen Militärkirchengemeinde. Der Inhalt dieses Papieres sei vor der Klägerin trotz mehrfacher diesbezüglicher Nachfragen ausdrücklich geheim gehalten worden. Dieses Zukunftspapier sei der Klägerin erst nach der Entscheidung des Oberkirchenrats vom 15. Juli 2004 zugänglich gemacht worden, so dass sie nicht darauf habe reagieren können. Ebenso wie das Zukunftspapier seien vor der Klägerin mehrere entscheidende Sitzungen geheim gehalten worden, an welchen unter anderem der zuständige Prälat und der Dekan sowie Vertreter der Leitung der Evangelischen Militärkirchengemeinde S. teilgenommen hätten und in welchen die Grundzüge der Strukturveränderungen in S. unter massivem Eingriff in den Bestand der Klägerin festgelegt worden seien. Wie sich aufgrund verschiedener, in der Klageschrift im Einzelnen dargelegter, Umstände ergebe, sei die Klägerin mehr als 2 Jahre systematisch über die tatsächliche Entschlusslage im Oberkirchenrat desinformiert worden. Trotz konkreter Fragen habe die Klägerin vom Oberkirchenrat keinerlei sachliche Informationen über die geplanten Strukturänderungen erhalten, welche ihr eine Wahrung ihrer Belange hätten ermöglichen können. Der Oberkirchenrat habe die im Verlauf des Verwaltungsverfahrens abgegebenen konkreten Stellungnahmen der Klägerin über eine nach ihrer Ansicht akzeptable Gemeindestruktur in S. offensichtlich nicht ernsthaft zur Kenntnis genommen. Offensichtlich unzutreffend sei, soweit man das anhand der vorgelegten Akten beurteilen könne, die in Briefen des Oberkirchenrats an Gemeindeglieder enthaltene Darstellung, es habe das Kollegium des Oberkirchenrats verschiedene Möglichkeiten geprüft und sich für das Modell der Gesamtkirchengemeinde entschieden. Für die krasse Schieflage des Verwaltungsverfahrens zu Ungunsten der Klägerin als ziviler Kirchengemeinde sei es auch bezeichnend, dass die Federführung im Oberkirchenrat von Anfang an und bis 2003 nicht der für die zivilen Kirchengemeinden zuständige Oberkirchenrat P. innegehabt habe, sondern Kirchenrat D.. Die entscheidende Beschlussfassung zur Bildung einer Gesamtkirchengemeinde in S. sei am 14. April 2002 in einer Vereinbarung erfolgt, welche zwischen Militärdekan A., Dekan B., Kirchenrat D., KVAR K. und Pfarrer S. getroffen worden sei. Mit dieser Vereinbarung seien offenbar nach dem Selbstverständnis der handelnden Personen die Würfel bereits endgültig gefallen gewesen. Während des Restes des nach dem 16. April 2002 noch zweijährigen Verwaltungsverfahren sei der Klägerin ständig die Illusion vermittelt worden, es handele sich um einen ergebnisoffenen Gesprächsprozess, ersichtlich habe das Verfahren aber nicht mehr der Sammlung weiterer Erkenntnisse oder der Erörterung von Entscheidungsalternativen gedient, sondern dazu, die Klägerin zur freiwilligen Annahme des festgelegten Resultats zu bewegen. Zwar habe der Beschluss des Kollegiums des Oberkirchenrats am 14. Oktober 2003 die Prüfung empfohlen, ob die Bildung einer Gesamtkirchengemeinde oder die Beibehaltung einer Kirchengemeinde sinnvoll sei. Auf dieser Basis hätte die Klägerin die Möglichkeit einer ernsthaften Erörterung der beiden Alternativen sehr begrüßt. Sie müsse sich aber leider die Frage stellen, warum der Oberkirchenrat auf eine brauchbare Hilfestellung zur Umsetzung dieses Kollegialbeschlusses verzichtet habe. Die Leitung der Evangelischen Militärkirchengemeinde S. habe diesbezüglich einen echten Verhandlungsprozess zwischen den beteiligten Gemeinden blockiert.
Die angegriffene Entscheidung leide schließlich auch an inhaltlichen Rechtsmängeln. Schon die Tatsachenbasis der Entscheidung sei fehlerhaft. Zu Unrecht werde davon ausgegangen, dass das Verhältnis zwischen der Klägerin und der Evangelischen Militärkirchengemeinde S. in den zurückliegenden Jahren von nicht unerheblichen Differenzen bzw. Konflikten untereinander geprägt gewesen sei. Der Oberkirchenrat möge konkret mitteilen, welche Konflikte in S. vorhanden seien, die die nunmehr getroffene Regelung erforderlich machten. Zu Unrecht werde weiter davon ausgegangen, eine Beibehaltung der bisherigen Struktur behindere die Arbeit in nicht mehr zu rechtfertigender Weise. Es gebe in S. keine notleidende kirchliche Struktur, welche die Arbeit behindern würde. Der Oberkirchenrat habe in seiner Entscheidung nicht berücksichtigt, dass sich die Leitung der Evangelischen Militärkirchengemeinde S. selbst vehement gegen eine Kooperation im Rahmen einer Gesamtkirchengemeinde ausgesprochen habe. Die Behauptung, es seien verschiedene Versuche, auch durch personelle Veränderungen in der Besetzung der Pfarrämter zu einer Beruhigung der Situation zu gelangen, ohne Ergebnis geblieben, sei haltlos. Der Oberkirchenrat möge darlegen, welche personellen Wechsel während der vergangenen Jahre zu dem Zweck stattgefunden hätten, die angeblich vorhandenen Konflikte zu bereinigen bzw. zu entschärfen. Die Entscheidung gehe zu Unrecht davon aus, es hätten sich nur zwei Lösungsmöglichkeiten (Einheitsgemeinde oder Gesamtkirchengemeinde aus zwei Teilkirchengemeinden) ergeben und es seien keine weiteren Vorschläge gemacht worden. Die Klägerin habe in ihrer Stellungnahme ausdrücklich vorgetragen, nur für den Fall, dass der Oberkirchenrat dies anders sehe, weise man darauf hin, dass die Gesamtkirchengemeinde dann konsequenterweise auf jeden Fall aus drei etwa gleichgroßen Teilkirchengemeinden bestehen müsste. Die Entscheidung gehe zu Unrecht von der Annahme aus, Dekanatsamt und Oberkirchenrat hätten sich bemüht, im Einvernehmen mit den beiden bestehenden Kirchengemeinden zu einer neuen Strukturierung der Arbeit zu kommen. Unzutreffend sei weiter die Aussage, es habe das Kollegium des Oberkirchenrats am 6. April 2004 in Fortführung seines Beschlusses vom 15. Oktober 2003 die verschiedenen Modelle für die Lösung der strukturellen Fragen in S. beraten. Schließlich fehle es an einer gerechten Abwägung der betroffenen Belange. Die Entscheidung sei insgesamt bestimmt von einer krassen Ignorierung der berechtigten Belange der Klägerin. So sei nicht nur auf das Alter der Militärkirchengemeinde von 40 Jahren sondern auch auf das Alter der Klägerin von 150 Jahren hinzuweisen. Zumindest sei mit einer derart langen Tradition ein besonderes Selbstverständnis verbunden, das jedenfalls bei der Abwägung hätte zur Kenntnis genommen werden müssen. Eine rechtliche Relevanz ihrer Identität leite die Klägerin auch aus dem Vertrag zwischen der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union und der Evangelischen Landeskirche in Württemberg über den Kirchenkreis der Hohenzollerischen Lande vom 24. Februar 1950 ab, in dem die Kirchengemeinde S. ausdrücklich ausgeführt werde und der in Artikel 2 Abs. 1 besage: Die Besonderheit der bestehenden Gottesdienstordnung und der Ordnung des kirchlichen Lebens bleiben den in Artikel 1 genannten Kirchengemeinden erhalten, solange sie es wünschen. Es möge dahinstehen, ob die Klägerin als solche subjektive Rechte im engeren Sinn hieraus ableiten könne, jedenfalls habe sich die Landeskirche durch diesen Vertrag gebunden. Der Oberkirchenrat habe in seiner Entscheidung zwar nicht die Identität der Klägerin erwähnt, demgegenüber aber auf die in den letzten Jahren gewachsene zivilgemeindliche Identität der Evangelischen Militärkirchengemeinde S. sowie auf eine angeblich rund um die Kreuzkirche entstandene Polarität des Gemeindelebens abgehoben. Hier sei umstandslos mit der normativen Kraft des Faktischen argumentiert worden, ohne zu erwägen, wie es zu dem jetzigen Befund gekommen sei. Eine krasse Ungleichgewichtung liege ferne darin, dass der Oberkirchenrat zwar die Belange von ca. 450 militärischen und ca. 100 zivilen Gemeindegliedern als schützenswert hervorhebe, demgegenüber aber die diesbezüglichen Belange von 1346 Gemeindegliedern der Klägerin, die zwangsweise in die neue Gemeinde verschoben werden sollten, nicht einmal erwähne. In diesem Zusammenhang hätte der Oberkirchenrat insbesondere die außerordentliche schmerzliche jüngste Vergangenheit der Klägerin, die eine Zerreißprobe durchlebt habe, in seine Betrachtung einbeziehen müssen. Zu rügen sei auch, dass in der angefochtenen Entscheidung der außerordentlich schwerwiegende Eingriff der völligen Auflösung der Klägerin ausschließlich und undifferenziert auf finanzielle Nützlichkeitserwägungen reduziert worden sei. Inkonsistent sei schließlich das tragende Argument, die Belange der Militärseelsorge könnten nur in einem personalen Seelsorgebezirk innerhalb einer kleinen Kirchengemeinde gewahrt werden. In der Aussage, die dauerhafte Arbeit in einer unzulänglichen Struktur mit großen Problemen in der pfarramtlichen Versorgung könne der Militärkirchengemeinde nicht zu gemutet werden, stecke zunächst einmal eine Abwertung der bisher sehr erfolgreichen und von den Gemeindegliedern dankbar angenommenen Arbeit der Pfarrerin und der Pfarrer der Klägerin. Sachfremd sei die schlichte Argumentation mit der Größe der Klägerin. Der Oberkirchenrat möge darlegen, woraus die geistige und seelsorgerliche Inkompetenz der Klägerin folgen solle. Schließlich ergebe sich aus der Aussage des Oberkirchenrats, die Bildung der Gesamtkirchengemeinde sei die einzige Möglichkeit, eine dauerhaft funktionsfähige Struktur in S. herzustellen, dass der Oberkirchenrat offenbar von einer Ermessensschrumpfung ausgegangen sei und sich irrtümlich in seiner Entscheidung für gebunden gehalten habe.
Die Klägerin beantragt,
die Entscheidung des Oberkirchenrats der Evangelischen Landeskirche in Württemberg vom 15. Juli 2004 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend:
Der Oberkirchenrat sei auf die Argumente der Klägerin in seiner Entscheidung eingegangen. Er habe ein Interesse der Klägerin am Fortbestand einer ungeteilten parochialen Kirchengemeinde erkannt. Diesem Interesse seien die Interessen der Gemeindeglieder der Militärkirchengemeinde gegenüberzustellen und abzuwägen gewesen, welche Folgen einerseits die Bildung einer Gesamtkirchengemeinde für die Klägerin und andererseits welche die von der Klägerin vorgeschlagene Lösung für die Angehörigen der Militärkirchengemeinde habe. Auf letztere Folgen werde von der Klägerin auch nicht ansatzweise eingegangen. Zum Hinweis auf die Möglichkeit der Bildung von drei Seelsorgebezirken sei zu erwidern, dass dies tatsächlich auch jetzt schon geschehen sei. Diese ergebe sich allein schon aus der Existenz von drei Pfarrstellen in S. und könne daher nicht als eine Berückschichtung der Belange der bisherigen Angehörigen der Militärseelsorge angesehen werden, es entstehe dadurch auch kein besonderer gemeindlicher Anknüpfungspunkt. Wegen der belastenden Folgen für die Mitglieder der Militärkirchengemeinde bei dem Umsetzungsvorschlag der Klägerin sei auf die Darlegungen in der angefochtenen Entscheidung hinzuweisen. Die Behauptung der Klägerin, in dem der Entscheidung voran gegangenen Verwaltungsverfahren seien ohne deren Beteiligung weitreichende Strukturentscheidungen gefallen, entspreche nicht den Tatsachen. Bereits in früheren Überlegungen des früheren Dekans aus dem Jahr 1998 sei schon anlässlich der Visitation die Bildung einer Gesamtkirchengemeinde in der jetzt verfügten Form, wenn auch mit im Detail etwas anderem Zuschnitt, angeregt und mit beiden Kirchengemeinderäten diskutiert worden. In der ersten Phase der Ausarbeitung eines Standpunktes der Militärkirchengemeinde sei es wesentlich um die Frage gegangen, ob die Militärkirchengemeinde fortbestehen könne oder nicht. Der Oberkirchenrat habe seit seiner Einbeziehung vielfach darauf bestanden, dass Entscheidungen erst getroffen werden könnten, wenn die Kirchengemeinde S. in den Entscheidungsprozess einbezogen worden sei. Übereinkünfte vor diesem Zeitpunkt hätten sich, mindestens aus Sicht des Oberkirchenrats, lediglich auf Verfahrensfragen bezogen. Auch der Aktenvermerk über eine Besprechung am 16. April 2002 erweise sich bei näherem Hinsehen keineswegs als die abschließende Entscheidung, hier habe keine Festlegung stattgefunden. Die Überlegungen der Militärkirchengemeinde aus dieser Phase seien von ihr aufgegeben worden, da sie inzwischen die Lösung über eine Gesamtkirchengemeinde akzeptiere. Auch die seinerzeitigen Überlegungen des Oberkirchenrats unterschieden sich von der in der Verfügung festgelegten Lösung deutlich. Nach der ersten Diskussionsphase innerhalb der Militärkirchengemeinde über ihren Fortbestand sei nach der Kirchenwahl und der Neukonstituierung der Kirchengemeinderäte im Frühsommer 2002 die Evangelische Kirchengemeinde S. einbezogen worden. Diese habe den Standpunkt eingenommen, dass sie bei einer Auflösung der Militärkirchengemeinde nur den Anschluss an eine ungeteilte Kirchengemeinde S. akzeptiere. Die Alternative, eine Gesamtkirchengemeinde zu bilden, sei von ihr weder inhaltlich noch argumentativ aufgegriffen worden. Vor allem in der Kollegialentscheidung vom 14. Oktober 2003 sei die Offenheit gegenüber verschiedenen Lösungen nochmals klar zum Ausdruck gebracht worden. Gegenstand dieses Beschlusses sei auch gewesen, dass der Oberkirchenrat ein Jahr Zeit gegeben habe, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Verhandlungen im eigentlichen Sinne über die künftige Struktur seien daher nicht an den mangelnden Bemühungen des Oberkirchenrats, die Klägerin zu beteiligen, gescheitert, sondern teils an der Weigerung der Klägerin, teils auch an der der Militärkirchengemeinde. In einem Gespräch im November 2003 habe nicht nur die Militärkirchengemeinde S., sondern auch die Klägerin eine baldige Entscheidung des Oberkirchenrats verlangt, auch wenn sie sich zunächst noch auf ein Gespräch habe einlassen wollen und diese Bereitschaft erst im Januar zurückgezogen habe. Die Möglichkeiten für eine künftige Struktur seien von den Beteiligten nicht ausgelotet worden. Es sei darauf hinzuweisen, dass eine Gesamtkirchengemeinde keineswegs nur ein Verband von Kirchengemeinden sei, sondern selbst die Rechtsqualität einer Kirchengemeinde habe. Auch in S. könne eine Aufgabenverteilung gefunden werden, durch die die Gesamtkirchengemeinde die Gemeinsamkeit der Evangelischen in S. besser zum Ausdruck bringen könnte als bei der jetzigen Situation mit zwei Kirchengemeinden am Ort. Sowohl aus der öffentlichen Debatte wie aus zahlreichen Schreiben von Gemeindegliedern beider Gemeinden ergebe sich, dass in S. nicht nur leichte Spannungen bestünden, sondern ein langjähriger Konflikt. Wie im Einzelnen belegt werde, habe dieser Konflikt entgegen der Behauptung der Klägerin auch vor Beginn der Debatte über eine neue Struktur existiert. Anders als viele Gemeindeglieder beider Kirchengemeinden, die sich an den Oberkirchenrat wendeten, sehe dieser weit eher in der derzeitigen Struktur zweier Gemeinden am selben Ort die Ursache der Konflikte als im Verhalten der Pfarrerinnen und Pfarrer. Der Oberkirchenrat habe sich bei seiner Prüfung nicht auf nur zwei Lösungsmöglichkeiten beschränkt gesehen. Schon in der Kollegialberatung am 14. Oktober 2003, auf die die Beratung vom 6. April 2004 aufbaue, sei der Vorschlag der Klägerin erörtert und im Beschluss für weitere Gespräche als eine gleichwertige Möglichkeit neben die Bildung einer Gesamtkirchengemeinde gestellt worden. Am 6. April 2004 sei die Anhörung vorbereitet worden. Es sei nicht um die abschließende Entscheidung gegangen, sondern darum, welche Lösung den Kirchengemeinden zur Anhörung vorgelegt werden solle. Auch aus der streitgegenständigen Entscheidung ergebe sich, dass der Oberkirchenrat keine Einschränkung seines Ermessens gesehen habe. Die insofern etwas missverständliche zusammenfassende Formulierung auf Seite 14 der Entscheidung sei nicht in dem Sinn zu verstehen, dass der Oberkirchenrat eine Ermessensreduzierung gesehen habe, sondern als Mitteilung des Ergebnisses der Ermessensausübung. Der Vorwurf, die Klägerin sei zu einem grundlegenden anderen Verfahren gehört worden, greife ebenfalls nicht durch. Der Gesetzgeber habe 1989 die Möglichkeit geschaffen, bei der Neustrukturierung der Arbeit nicht den Umweg über eine Abspaltung einzelner Kirchengemeinden gehen zu müssen, sondern, unter Wahrung der Identität zwischen der seitherigen Kirchengemeinde und der künftigen Gesamtkirchengemeinde, die Arbeit ohne Zwischenschritte in einer rechtlich arbeitsteiligen Struktur fortzuführen. Die Wahl dieses anderen Weges verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten, habe auch keine erneute Anhörung erforderlich gemacht. Der Weg führe inhaltlich zum selben Ergebnis. Der Weg bringe große praktische Vorteile, wenn der Wechsel in einem Schritt vollzogen werde. Damit könne auch der Aufgabenübergang direkt und gleichzeitig auf die Gesamtkirchengemeinde der beteiligten Kirchengemeinden erfolgen, ohne dass Zwischenschritte erforderlich seien. Der Weg komme den in der Anhörung geäußerten Vorstellungen der Klägerin deutlich näher als die zunächst vorgestellte Alternative. Diese sei noch bestimmt gewesen von der früheren Vorstellung von zwei Kirchengemeinden, die sich nur eventuell zu einer Gesamtkirchengemeinde zusammenschließen würden. Der jetzige Weg sei auch deshalb gewählt worden, weil in der Anhörung das große Interesse der Klägerin betont worden sei, die Einheit der Evangelischen im Diasporaort zu verdeutlichen. Die Wahrung der Identität der seitherigen Kirchengemeinde durch die Gesamtkirchengemeinde mit wichtigen zentralen Funktionen sei beim jetzt gewählten Weg der Aufteilung öffentlich leichter darzustellen. Nicht zu bestreiten sei, dass bei der jetzt gewählten Alternative für beide unterhalb der Gesamtkirchengemeinden entstehenden beteiligten Kirchengemeinden ortskirchliche Verwaltungen einzusetzen seien. Dies führe aber nicht zu nachteiligen Folgen für die Klägerin. Der Oberkirchenrat beabsichtige, wie in vergleichbaren Fällen, die Kirchengemeinderäte im jeweiligen Wohnbereich zu berufen und die ortskirchliche Verwaltung der künftigen Kreuzkirchengemeinde zu ergänzen, wenn die Militärkirchengemeinde aufgelöst werde. Eine Berufung dieser ortskirchlichen Verwaltungen vor der Bildung der Gesamtkirchengemeinde wäre rechtstechnisch möglich, setze aber das Einverständnis der Betroffenen voraus. Mit diesem sei nach der Weigerung der Kirchengemeinde, sich an einem moderierten Diskussionsprozess zu beteiligen, zunächst nicht zu rechnen gewesen. Da der Oberkirchenrat aber den bisherigen Kirchengemeinderäten die Beteiligung an einer ortskirchlichen Verwaltung anbieten werde und auch aus Rechtsgründen anzubieten habe, wenn keine sachlichen Gründe entgegenstünden, sei dieser Unterschied in den Verfahren nicht wesentlich, zumal im Blick auf die verbleibende Zeit bis zu den nächsten allgemeinen Wahlen keine vorgezogene Neuwahl erforderlich sei. Die ortskirchliche Verwaltung habe dieselben Rechte wie ein Kirchengemeinderat und beide ortskirchlichen Verwaltungen gemeinsam wie der Gesamtkirchengemeinderat. Im Übrigen bliebe auch beim Weg einer Abtrennung einer Kirchengemeinde das ursprüngliche Gremium nicht intakt, da die in dem anderen Gemeindegebiet wohnhaften Kirchengemeinderäte ausscheiden würden. Es wäre dann schon bei der Festlegung der Zahl der zu wählenden Kirchengemeinderäte möglich, dass sich Ungleichgewichte im Gesamtkirchengemeinderat ergäben, die zumindest bis zur nächsten Wahl eines Ausgleichs bedürften. Die Beibehaltung der Besonderheiten der bestehenden Gottesdienstordnung und der Ordnung des kirchlichen Lebens aufgrund des Vertrages der Landeskirche mit der altpreußischen Union sei, soweit diese überhaupt bis heute beibehalten worden seien, nicht in Frage gestellt. Die Bildung der Gesamtkirchengemeinde ändere an dieser Befugnis nichts, da sie nicht von der äußeren Gestaltung der Kirchengemeinde abhänge. In der Ortssatzung der Gesamtkirchengemeinde könne festgelegt werden, ob für einen Beschluss über eine Änderung insbesondere der liturgischen Formen der Gesamtkirchengemeinderat oder jeder Kirchengemeinderat der beteiligten Kirchengemeinden je für seine Gemeinde zuständig sei.
Das Gericht werde gegebenenfalls um Hinweise gebeten, ob es Verfahrens- und Formfehler sehe, die prozessuale Anträge nahe legten.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze und die von der Beklagten vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
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Gründe:

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Entscheidung des Oberkirchenrats vom 15. Juli 2004 verletzt die Klägerin in mehrfacher Hinsicht in ihren Rechten (§ 78 Abs. 5 Kirchliches Verwaltungsgerichtsgesetz – KVwGG –).
Gemäß § 3 Abs. 1 der Kirchengemeindeordnung – KGO - kann durch den Zusammenschluss von Kirchengemeinden oder die Aufteilung einer Kirchengemeinde eine Gesamtkirchengemeinde gebildet werden. Über die Neubildung und Auflösung von Kirchengemeinden (Gesamtkirchengemeinden) und über Änderungen der Begrenzung ihrer Bezirke und ihres Namens entscheidet nach § 5 Abs. 1 KGO auf Antrag oder nach Anhörung der Beteiligten der Oberkirchenrat unter Beachtung der staatlichen Bestimmungen. Diese Regelungen stehen Auflösungen und Neubildungen von Kirchengemeinden oder Gesamtkirchengemeinden, Änderungen der Begrenzung ihrer Bezirke oder ihres Namens grundsätzlich nicht entgegen. Sie verleihen den betroffenen Kirchengemeinden jedoch ein subjektives Recht darauf, dass solche Maßnahmen nur aus Gründen des kirchlichen Wohls und nach Anhörung der Beteiligten getroffen werden (vgl. grundsätzlich zu den vergleichbaren Anforderungen an Neugliederungen im staatlichen Recht Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12. Mai 1992, in: BVerfGE 86, 90).
Die angefochtene Entscheidung ist schon verfahrensfehlerhaft zu Stande gekommen, weil das Gebot der Anhörung nicht hinreichend beachtet worden ist.
Das Gebot der Anhörung fordert, dass die Kirchengemeinde von der beabsichtigten Regelung Kenntnis erlangt. Diese Information muss den wesentlichen Inhalt des Neugliederungsvorhabens und der dafür gegebenen Begründung umfassen. Sie muss so rechtzeitig erfolgen, dass es der Kirchengemeinde möglich ist, sich aufgrund eigener fundierter Vorbereitung unter Mitwirkung der gewählten Vertretung zur geplanten Gebietsänderung als einer für sie existenziellen Entscheidung sachgerecht zu äußern und ihre Auffassung zur Geltung zu bringen. Die Stellungnahme der Kirchengemeinde ist vor einer abschließenden Entscheidung zur Kenntnis zu nehmen und bei der Abwägung der für und gegen die Neugliederungsmaßnahme sprechenden Gründe zu berücksichtigen (vgl. wiederum Bundesverfassungsgericht, a.a.O.).
Die Klägerin wurde nicht ordnungsgemäß zu den Gegenständen der Entscheidung vom 15. Juli 2004 gehört.
Gegenstand der Entscheidung ist zunächst die Bildung einer Gesamtkirchengemeinde durch Aufteilung der Klägerin gemäß § 3 Abs. 1 zweite Alternative KGO. Gegenstand der Anhörung war jedoch - ausweislich des Anhörungsschreibens des Oberkirchenrats vom 14. April 2004 und des Anhörungsprotokolls vom 19. Mai 2004 - der in § 3 Abs. 1 erste Alternative KGO vorgesehene Weg des Zusammenschlusses zweier zuvor gebildeter Kirchengemeinden. Hierbei handelt es sich im rechtlichen Sinn um zwei wesentlich verschiedene Wege der Bildung einer Gesamtkirchengemeinde. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 1 KGO. Weiter sieht § 51 Abs. 2 KGO für die beiden rechtlich verschieden Formen der Bildung einer Gesamtkirchengemeinde unterschiedliche Zuständigkeiten und Rechtsformen für den Erlass der erforderlichen Ortsatzung vor. Auch hat die Formenwahl, wie die Beklagte im Übrigen zu Recht erkennt, Auswirkungen auf Aufgabenübergänge und Eigentumswechsel. Schließlich weist die Klägerin zu Recht darauf hin, dass sie bei einer Gesamtkirchengemeindebildung durch Aufteilung ihre rechtliche Existenz verliert. Die beiden Wege der Bildung einer Gesamtkirchengemeinde unterscheiden sich danach in ihrem Inhalt so wesentlich, dass eine erneute Anhörung der Klägerin erforderlich gewesen wäre, ohne dass es insoweit auf die zwischen Klägerin und Beklagter streitige Frage ankommt, ob der vom Oberkirchenrat gewählte Weg letztlich den Interessen der Klägerin besser gerecht wird oder nicht.
Die Klägerin ist aber auch zu den weiteren Gegenständen Begrenzung der Bezirke sowie Namensänderungen entgegen § 5 Abs. 1 KGO nicht ordnungsgemäß angehört worden. Die Äußerungen des Oberkirchenrats, soweit diese aus den vorgelegten Akten ersichtlich sind, und vor allem das Anhörungsschreiben selbst lassen keine genügenden Hinweise auf alle wesentlichen beabsichtigten Bezirksabgrenzungen, insbesondere was die Zuweisung der außerhalb des Stadtbezirkes S. liegenden Teilorte betrifft, und alle Namensgebungen erkennen.
Allerdings führt nicht jeder Verfahrensfehler dazu, dass deshalb die Aufhebung eines Verwaltungsaktes beansprucht werden kann. Entsprechende Bestimmungen enthalten das Verwaltungsverfahrensgesetz des Bundes wie auch das Landesverwaltungsverfahrensgesetz in § 46. Mangels eines kirchlichen Verwaltungsverfahrensgesetz enthält das Recht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg jedoch keine einschlägige ausdrückliche Norm.
Das Gericht hat aber schon mit Urteil vom 25. Oktober 2002 - Aktenzeichen VG 02/02 - entschieden, dass der Rechtsgedanke des § 46 Landesverwaltungsverfahrensgesetz alter Fassung, wonach die Aufhebung eines Verwaltungsaktes nicht allein aus formellen Gründen verlangt werden kann, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können, in der Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zwischenzeitlich Allgemeingültigkeit erlangt hat. Denn eine entsprechende Regelung war bereits in der ursprünglichen Fassung des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes enthalten, die bereits vor mehr als 25 Jahren, nämlich am 1. Januar 1977, in Kraft getreten war, und entsprechende Regelungen sind in die Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder übernommen worden.
Zwar ist § 46 Landesverwaltungsverfahrensgesetz inzwischen zugunsten der Verwaltungen dergestalt geändert worden, dass nunmehr die Aufhebung eines Verwaltungsaktes wegen Verfahrensfehler schon dann nicht beansprucht werden kann, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat. Aus dieser im Jahr 1996 in den staatlichen Verwaltungsverfahrensgesetzen vorgenommenen Novellierung ergibt sich jedoch noch kein allgemeiner Rechtsgrundsatz. Sie stellt derzeit vielmehr nur eine positive gesetzgeberische Entscheidung für ihren Regelungsbereich dar, der mangels eines kirchlichen Verwaltungsverfahrensgesetzes noch nicht Teil des Rechtes der Evangelischen Landeskirche in Württemberg geworden ist.
Anzuwenden ist deshalb der Rechtsgedanke des § 46 Landesverwaltungsverfahrensgesetz alter Fassung, nämlich dass die Aufhebung eines Verwaltungsaktes aufgrund von Verfahrensfehlern nur dann beansprucht werden kann, wenn keine andere Entscheidung in der Sache hätte getroffen werden können. Danach sind die Anhörungsfehler hier aber beachtlich. Denn bei allen drei Gegenständen, nämlich Formenwahl bei der Neugliederung, Begrenzung der Bezirke und Namenswahl, handelt es sich um Entscheidungen, die eine andere Entscheidung in der Sache zugelassen hätten.
Die Beachtlichkeit entfällt im Übrigen auch nicht teilweise deshalb, weil der Oberkirchenrat in der Entscheidung seine Bereitschaft zu einer einvernehmlichen späteren Änderung der Grenzziehung erklärt hat.
Weitere die Rechtmäßigkeit der Entscheidung berührende Verfahrensfehler sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist im formellen Sinne keine Anhörung der betroffenen Gemeindeglieder vorgeschrieben. Im staatlichen Recht verlangt zwar beispielsweise § 8 Abs. 3 der Gemeindeordnung Baden-Württemberg, dass vor der Neubildung einer Gemeinde auch die Bürger gehört werden müssen, die im unmittelbar betroffenen Gebiet wohnen. Demzufolge hat der Staatsgerichtshof Baden-Württemberg mit Urteil vom 25.04.1975 (DÖV 1975,500) eine Neugliederungsmaßnahme allein deshalb als fehlerhaft beanstandet, weil nach der Bürgeranhörung eine geänderte Lösungsvariante ohne erneute Anhörung gewählt wurde. Ein solches formelles Anhörungsrecht, das von der weiter unten darzustellenden materiellen Ermittlungspflicht hinsichtlich der Auswirkungen auf die betroffenen Bürger zu unterscheiden ist, kennt das Recht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg jedoch nicht. Denn § 5 Abs. 1 KGO verlangt zwar die Anhörung der „Beteiligten“. Die Ausführungsverordnung zu § 5 KGO bestimmt aber unter Nr. 2 zu Recht, dass als Beteiligte insbesondere die betroffenen Kirchengemeinderäte und Pfarrämter sowie das Dekanatamt oder gegebenenfalls die Dekanatämter zu hören sind. Nichts spricht jedoch dafür, dass auch die Gemeindeglieder als solche Beteiligte in diesem formellen Sinne sein sollen.
Die angefochtene Entscheidung ist aber auch inhaltlich fehlerhaft.
Es handelt sich bei dieser Maßnahme gebietlicher Organisation ihrem Wesen nach um einen Akt der verwaltenden Tätigkeit des Oberkirchenrates. Im Unterschied zu einfachen Ermessensentscheidungen, denen die Prüfung gesetzlicher Tatbestandsvoraussetzungen voranzugehen hat, verleiht dieser Neugliederungsentscheidung der finale Charakter der Regelung eines komplexen Sachverhaltes dabei einen deutlichen planerischen Einschlag. Der Oberkirchenrat hat deshalb, ausgerichtet am kirchlichen Wohl, zwar nach Zielen, Leitbildern und Maßstäben, die er selbst gesetzt hat, grundsätzlich frei zu entscheiden. Er ist Herr des Verfahrens und letztlich nicht an das Vorbringen oder die Zustimmung der Betroffenen gebunden. Neben den verfahrensmäßigen Anforderungen muss sich seine Problemlösung jedoch auch in ihrem Ergebnis an gewissen unverzichtbaren, allgemeinen anerkannten Wertmaßstäben orientieren (vgl. Bundesverfassungsgericht, a.a.O.). Die Entscheidung muss grundsätzlich gerechtfertigt sein und sich im vorgegebenen rechtlichen Rahmen halten. Der Oberkirchenrat muss grundsätzlich abwägungsbereit sein und Alternativen in seine Überlegungen einbezogen haben. Er muss den erheblichen Sachverhalt ermittelt und seiner Entscheidung zu Grunde gelegt haben und muss die im konkreten Fall angesprochenen Gründe des kirchlichen Wohls sowie die Vor- und Nachteile seiner Entscheidung in die vorzunehmende Abwägung eingestellt haben. Erst auf der Grundlage eines in dieser Weise ermittelten Sachverhaltes und der Gegenüberstellung der daraus folgenden verschiedenen – oft gegenläufigen – Belange ist er dann allerdings befugt, sich letztlich für die Bevorzugung eines Belangs (oder mehrere Belange) und damit notwendig zugleich für die Zurückstellung aller anderen betroffenen Gesichtspunkte zu entscheiden. Schließlich hat er das Gebot der Konfliktbewältigung zu beachten und muss die durch die Entscheidung hervorgerufene Konflikte selbst durch Vorkehrungen bewältigen, soweit diese Bewältigung nicht abwägungsfehlerfrei einem nachfolgenden Verfahren überlassen werden darf.
Diesen Anforderungen entspricht die angefochtene Entscheidung nur teilweise.
Die Entscheidung ist als solche am kirchlichen Wohl ausgerichtet und findet ihre grundsätzliche Rechtfertigung darin, dass sie das durch die beabsichtigte Aufhebung der beigeladenen Militärkirchengemeinde aufgeworfene Problem der Zuordnung des verbleibenden personalen Seelsorgebereichs der Militärseelsorge bewältigen will (vgl. § 5 Abs. 2 der Verordnung des Oberkirchenrats zur Durchführung der Militärseelsorge im Bereich der Evangelischen Landeskirche in Württemberg). Zwar ist die beigeladene Militärkirchengemeinde derzeit noch nicht aufgehoben, doch geht das Gericht insoweit davon aus, dass diese Aufhebung durch Vereinbarung mit dem Militärbischof gemäß § 3 Abs. 1 der genannten Verordnung fest beabsichtigt ist. Nachdem die Entscheidung aus anderen Gründen aufzuheben ist, kann letztlich dahingestellt bleiben, ob diese feste Absicht ausreichend ist, oder ob eine erfolgte Aufhebung Voraussetzung für das Wirksamwerden der Neugliederungsentscheidung wäre. Jedenfalls ist aber das mit der Entscheidung verfolgte Ziel, den Mitgliedern der Militärkirchengemeinde auch künftig die Möglichkeit der Identifikation mit der kirchlichen Arbeit einer Kirchengemeinde zu geben und die Voraussetzungen für die Fortsetzung ihres bisherigen aktiven Gemeindelebens zu schaffen, in diesem allgemeinen, der konkreten Abwägung der Vor- und Nachteile der gewählten Lösung noch vorausgehenden Sinne gerechtfertigt.
Das Gericht vermag auch nicht festzustellen, dass dem Oberkirchenrat grundsätzlich die nötige Abwägungsbereitschaft gefehlt hat. Insoweit ist nicht das Verhalten verschiedener Stellen im vorausgegangenen Verfahren zu prüfen, entscheidend ist vielmehr, dass das mit dem Beschluss des Oberkirchenrats vom 14. Oktober 2003 eingeleitete und mit der Entscheidung vom 15. Juli 2004 abgeschlossene unmittelbare Neugliederungsverfahren nicht erkennen lässt, dass der Oberkirchenrat von vornherein nicht mehr entscheidungsbereit gewesen war oder gar seine Freiheit zur Berücksichtigung aller einschlägigen Belange vorweg durch Absprachen rechtswidrig eingeschränkt hatte.
Der Oberkirchenrat hat sich aber nicht hinreichend mit allen sich aufdrängenden oder von den Beteiligten geltend gemachten Alternativen auseinandergesetzt. So hat er zwar durchaus die von der Klägerin vorgezogene Alternative, nämlich die Zuordnung des verbleibenden personalen Seelsorgebereichs der Militärseelsorge zur bestehenden Ortskirchengemeinde ohne besondere Neugliederungsmaßnahme, erwogen. Hingegen lässt die Begründung der Entscheidung vom 15. Juli 2004 nicht erkennen, dass sich der Oberkirchenrat mit der von der Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 1. März 2004 hilfsweise für den Fall der Bildung einer Gesamtkirchengemeinde vorgeschlagenen Lösung, diese dann aus drei etwa gleichgroßen Teilkirchengemeinden zu bilden, im erforderlichen Umfange auseinandergesetzt hat. Dass diese Variante zuvor bei der Sitzung des Oberkirchenrates am 06. April 2004 vom Dezernat 8 mit vorgelegt worden war, genügt hier allein noch nicht.
Vor allem aber hält die der vom Oberkirchenrat getroffenen Entscheidung zugrunde liegende Abwägung einer rechtlichen Überprüfung im Einzelnen nicht stand.
Der Oberkirchenrat hat bei seiner Entscheidung als übergeordneten Maßstab angewandt, dass die Eingriffe in den Bestand der Kirchengemeinden und die Belange der jeweiligen Gemeindeglieder, der Gremien und des Militärbischofs in Ausgleich zu bringen sind (Seite 10 der Begründung). Zumindest hinsichtlich des tatsächlichen Gemeindelebens ist dies richtig. Allerdings wird in rechtlicher Hinsicht schon nicht klar herausgestellt, dass der rechtliche Eingriff in die Existenz der Beigeladenen nicht unmittelbar durch die streitgegenständliche Neugliederungsmaßnahme erfolgt, vielmehr allenfalls eine sie rechtfertigen sollende, anderweitig zu entscheidende Voraussetzung darstellt.
Die vom Oberkirchenrat vorzunehmende Abwägung erfordert vor allem aber im Einzelnen, dass hinsichtlich der für und gegen die geplante Maßnahme sprechenden Gesichtspunkte der erhebliche Sachverhalt ermittelt, die Belange gewichtet und ihrem Gewicht entsprechend gegeneinander abgewogen werden. Dies ist nicht in ausreichendem Maße geschehen.
Der Oberkirchenrat hat die Belange der sich zur beigeladenen Militärkirchengemeinde zählenden Gemeindeglieder dergestalt ermittelt, dass bisher die beigeladene Militärkirchengemeinde ein ausgeprägtes eigenes Gemeindeleben entwickelt und sich zum geistlichen Mittelpunkt auch für Gemeindeglieder aus S. entwickelt hat. Bedenken dagegen, dass dieser Sachverhalt richtig ermittelt worden ist, sind nicht ersichtlich. Und es begegnet weiterhin auch keinen Bedenken, dass das Interesse dieser Gemeindeglieder an der Fortführung ihres bisherigen Gemeindelebens als gewichtiger und in die Abwägungsüberlegungen einzubeziehender Belang angesehen worden ist.
Hinsichtlich der Belange der klagenden Kirchengemeinde und ihrer Gemeindeglieder genügt die Entscheidung jedoch nicht den vorgenannten Anforderungen. Die Entscheidung geht insoweit davon aus, dass Hauptziel der klagenden Gemeinde sei, ihre rechtliche Einheit zu bewahren, weil in der Diaspora ein einheitliches Auftreten für erforderlich gehalten wird, ein höherer Verwaltungsaufwand befürchtet wird sowie die Vereinnahmung eines Teils der Kirchengemeinde durch die Militärseelsorge. Der Oberkirchenrat sieht demzufolge auch, dass in der beabsichtigten Aufteilung der Klägerin ein erheblicher Eingriff in die Rechte des bisherigen Kirchengemeinderats und der Gemeindeglieder liege. Er hat aber insoweit den erheblichen Sachverhalt nicht hinreichend ermittelt und demzufolge ist auch nicht erkennbar, dass er die betroffenen Belange richtig gewichtet hat.
Bei der Prüfung ist auszugehen von den in der Begründung der Entscheidung niedergelegten Gründen. Ergänzend sind die vom Oberkirchenrat als zur Sache gehörend vorgelegten Akten heranzuziehen. Sowohl die Entscheidungsgründe wie auch die vorgelegten Akten lassen aber nicht erkennen, wie sich das Gemeindeleben der klagenden Ortskirchengemeinde im Hinblick auf die zu treffende Entscheidung darstellt und vor allem welche Auswirkungen auf das Gemeindeleben der neuzubildenden Stadtkirchengemeinde zu erwarten sind. Ergänzend weist die Klägerin insoweit zu Recht darauf hin, dass der Oberkirchenrat auch die jüngste Vergangenheit der Klägerin hätte in seine Betrachtungen einbeziehen müssen. Denn der von der Klägerin dargelegte Umstand, dass in jüngster Vergangenheit eine ortskirchliche Verwaltung hatte gebildet werden müssen, kann ein Problem anzeigen, das bei einer Entscheidung über die Aufhebung dieser Gemeinde bedacht werden muss. Insoweit kommt es auch nicht darauf an, ob diese Frage im Rahmen der Anhörung an den Oberkirchenrat herangetragen worden ist, denn die Bildung einer ortskirchlichen Verwaltung ist dem Oberkirchenrat von Amts wegen bekannt. Des Weiteren werden keine Feststellungen darüber getroffen, welche Auswirkungen die geplante Neugliederung auf die Gemeindeglieder der Ortskirchengemeinde hat, die zum Gemeindebezirk der neuzubildenden Kreuzkirchengemeinde gehören sollen. Anlass zur Ermittlung des Konfliktpotentials bestand um so mehr deshalb, weil der Oberkirchenrat bei seiner Entscheidung von einer Konfliktsituation ausgeht, da er für die Mitglieder der Militärkirchengemeinde die Möglichkeit einer Identifikation und die Fortführung ihres bisherigen Gemeindelebens nur in einer Kirchengemeinde ermöglicht sieht, in der sie zahlenmäßig ein gewisses Gewicht behalten. Die Ausführungen zur Konfliktsituation in S. wie die zur Eignung des gewählten und des verworfenen Lösungsmodells sind insgesamt derart unbestimmt und pauschal, dass das Gericht nicht festzustellen vermag, dass der Entscheidung eine tragfähige Abwägungsgrundlage zugrunde lag und ob die Abwägung hinreichend sorgfältig erfolgt ist (vgl hierzu wiederum das Bundesverfassungsgericht [a.a.O.], das im Falle einer dort in Gesetzesform getroffenen Rück- Neugliederungsentscheidung gerügt hat, dass man sich im Wesentlichen mit dem begnügt hat, was über eine vorhandene Unzufriedenheit von Teilen der Bevölkerung in den neugegliederten Gemeinden mit den Ergebnissen der früheren Reform an den Entscheidungsträger herangetragen worden ist, und dass eine eigene Überprüfung und Gewichtung dieser Aussagen über die Haltung der Einwohnerschaft und eine Berücksichtigung des Willens der Gesamtbevölkerung nicht zu Grunde gelegt worden sei. Um zu einer tragfähigen Abwägungsgrundlage zu kommen, hätte man aber insbesondere auch über die Ursachen des vorhandenen Unmuts und seiner Auswirkungen auf die Entwicklung der betroffenen Gemeinden Feststellungen treffen müssen, was nicht ausreichend geschehen sei).
Nachdem die Entscheidung sowohl wegen Fehler bei der Anhörung wie wegen inhaltlicher Fehler bei der Abwägung aufzuheben ist, kann dahingestellt bleiben, ob sie im Übrigen die aufgeworfenen Probleme in genügendem Umfang bewältigt hat und des Weiteren, ob die getroffene Fristbestimmung angemessen ist.
Gemäß § 54 Satz 2 KVwGG kann das Verwaltungsgericht die Verhandlung zur Heilung von Verfahrens- und Formfehlern aussetzen, soweit dies im Sinne der Verfahrenskonzentration sachdienlich ist. Eine Aussetzung des Verfahrens, wie sie von der Beklagten angeregt wird, kommt aber schon deshalb nicht in Betracht, weil die angefochtene Entscheidung nicht nur an Verfahrensfehlern, sondern auch an inhaltlichen Fehlern leidet. Im Übrigen enthält diese Norm selbst keine Heilungsvorschrift, sondern gibt nur dem Verwaltungsgericht das Recht zur vorübergehenden Aussetzung des Verfahrens, um Gelegenheit zu einer nach anderen Bestimmungen noch möglichen Heilung von Verfahrensfehlern zu geben. Die Anhörungsfehler sind aber hier nicht mehr heilbar. Eine ausdrückliche Heilungsvorschrift entsprechend § 45 des Verwaltungsverfahrensgesetzes des Bundes sowie vergleichbarer Bestimmungen der Landesverwaltungsverfahrensgesetze fehlt derzeit mangels eines kirchlichen Verwaltungsverfahrensgesetzes im Recht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg. Eine Heilung der Anhörungsfehler wäre deshalb gemäß § 5 Abs. 1 KGO nur vor der Entscheidung des Oberkirchenrats möglich gewesen.
Auf die in der Literatur vielfach geäußerten Bedenken gegen eine solche verwaltungsprozessuale Aussetzungsbefugnis des neutralen Gerichtes, die auch dazu geführt haben, dass der staatliche Gesetzgeber die entsprechende Regelung in § 94 der Verwaltungsgerichtsordnung unter Hinweis darauf aufgehoben hat, dass sie sich in der verwaltungsgerichtlichen Praxis nicht bewährt habe, braucht deshalb hier nicht weiter eingegangen zu werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 89 Abs. 1 und 94 Abs. 3 KVwGG.
gez. Müller
gez. Klein
gez. Schlatter
gez. Kohler
gez. Dr. Deuschle