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Kirchengericht:Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
Entscheidungsform:Urteil
Datum:14.02.2014
Aktenzeichen:VG 04/12
Rechtsgrundlage:§ 1 KGO; § 49 KGO; § 50 Abs. 1 Nr. 12 KGO; § 71 HHO
Vorinstanzen:keine
Schlagworte:Aufsichtsrat, Wirtschaftliche Beteiligung Kirchengemeinde, kirchliches Interesse

Leitsatz

und Urteil des Verwaltungsgerichts
der Evangelischen Landeskirche in Württemberg
vom 14. Februar 2014

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Leitsatz:

  1. Die in § 71 Abs. 1 HHO genannten Voraussetzungen für die Zulässigkeit der wirtschaftlichen Beteiligung einer Kirchengemeinde an einem privatrechtlichen Unternehmen müssen kumulativ vorliegen.
  2. Kirchliche Belange sind im Aufsichtsrat eines privatrechtlichen Unternehmens nur dann i.S.v. § 71 Abs. 1 Nr. 3 HHO „angemessen vertreten“, wenn der kirchliche Einfluss auf das Unternehmen durch Einräumung von Beteiligungs-, Mitsprache- und Kontrollrechten entsprechend der jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Organisationsform des Unternehmens rechtlich gesichert ist (hier verneint wegen fehlender Satzungsregelung zur angemessenen Vertretung kirchlicher Körperschaften im Aufsichtsrat einer Genossenschaft).
  3. Die von § 71 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 2 HHO verlangten erhöhten Prüfungsformen und Prüfungsbefugnisse finden nur Anwendung, wenn kirchliche Körperschaften und Stiftungen über die Anteilsmehrheit an einem privatrechtlichen Unternehmen verfügen.
  4. Zur Auslegung des Rechtsbegriffes des „kirchlichen Interesses“ i.S.v. § 71 Abs. 1 Nr. 1 HHO.
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Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
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Tatbestand

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Die Klägerin begehrt von der Beklagten die aufsichtsrechtliche Genehmigung für eine Beteiligung an einem wirtschaftlichen Unternehmen.
Die Klägerin beabsichtigt, Mitglied bei der ...Energiegenossenschaft zu werden und zu diesem Zweck Anteile dieser Genossenschaft zu erwerben. Bei der … Energiegenossenschaft handelt es sich um eine eingetragene Genossenschaft i.S.v. § 1 Abs. 1 des Genossenschaftsgesetzes (GenG) mit Sitz in B.. Zweck der Genossenschaft ist die Förderung des Erwerbs und der Wirtschaft der Mitglieder durch gemeinsamen Geschäftsbetrieb. Gegenstand des Unternehmens ist die Förderung einer nachhaltigen Energieerzeugung und -nutzung überwiegend im Bereich kirchlicher Liegenschaften. Dazu gehören insbesondere: Beratung und Dienstleistung im Bereich der Versorgung mit regenerativen Energien aller Arten; Projektentwicklung, Finanzierung und Kapitalvermittlung sowie Bau und Realisierung im Bereich der Versorgung mit regenerativen Energien aller Arten; Betrieb von und Logistik für Anlagen zur Erzeugung, Nutzung und Verteilung regenerativ und rationell erzeugter Energie; Durchführung, Unterstützung und Förderung von Maßnahmen zur effizienten Energiegewinnung; Förderung energetischer Selbständigkeit und Selbstversorgung überwiegend im Bereich kirchlicher Liegenschaften (vgl. § 2 Abs. 2 der Genossenschaftssatzung). Nach ihrer Satzung (§ 2 Abs. 3) kann die Genossenschaft Zweigniederlassungen errichten und sich an Unternehmen beteiligen. Der Geschäftsanteil eines Mitglieds beträgt 100 EUR, wobei Mehrfacherwerbungen möglich sind (§ 37 Abs. 1 und 3 der Satzung). Eine Nachschusspflicht der Mitglieder besteht nicht (§ 40 der Satzung).
In seiner Sitzung vom 15.09.2011 beschloss der Kirchengemeinderat der Klägerin deren Mitgliedschaft bei der …Energiegenossenschaft und den Erwerb von 20 Genossenschaftsanteilen zu je 100 EUR. Mit Schreiben vom 19.12.2011 setzte die Klägerin den Evangelischen Oberkirchenrat hiervon in Kenntnis und bat um Genehmigung.
Mit Schreiben vom 15.02.2012 lehnte der Evangelische Oberkirchenrat es ab, die beantragte Genehmigung zu erteilen. Zur Begründung wurde ausgeführt: Der beabsichtigte Erwerb von Genossenschaftsanteilen sei als Beteiligung an einem wirtschaftlich selbständigen Unternehmen anzusehen. Eine solche Beteiligung sei nach § 50 Abs. 1 Nr. 12 Kirchengemeindeordnung (KGO), § 71 Abs. 5 Haushaltsordnung (HHO) genehmigungspflichtig. Eine Genehmigung dürfe aber nur erteilt werden, wenn die Voraussetzungen des § 71 Abs. 1 HHO vorlägen. Zum Vorliegen dieser Voraussetzungen habe die Klägerin bislang keine Ausführungen gemacht. Eine Beteiligung könne nur erfolgen, wenn ein „wichtiges kirchliches Interesse“ hierfür anzunehmen sei. Ein solches bestehe hier nicht. Die Tatsache, dass Gegenstand des Unternehmens die Förderung nachhaltiger Energieerzeugung sei, ändere hieran nichts, da sich der Zweck, eine möglichst sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente, umweltverträgliche Energieversorgung - gerade auch unter Einbeziehung regenerativer Energien - bereits aus dem Energiewirtschaftsgesetz ergebe. Darüber hinaus sei eine angemessene Vertretung der kirchlichen Belange im Aufsichtsrat der Genossenschaft nicht gewährleistet, obwohl § 71 Abs. 1 Nr. 3 HHO gerade dies verlange. Ferner sei entgegen § 71 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. § 71 Abs. 2 Nr. 3 HHO in der Satzung der Genossenschaft nicht gewährleistet, dass den Genossen der Prüfungsbericht der Abschlussprüfer unverzüglich nach Eingang übersandt werde. Zwar handele es sich bei § 71 Abs. 1 HHO um eine „Sollbestimmung“. Da seitens der Klägerin aber keine Gründe genannt worden seien, die eine ausnahmsweise zulässige Abweichung von den Vorgaben dieser Bestimmung rechtfertigten, sei eine Ausnahmeentscheidung hier nicht möglich.
Am 14.03.2012 hat die Klägerin beim Verwaltungsgericht der Evangelischen Landeskirche in Württemberg Klage erhoben. Zur Begründung legt sie u.a. eine Stellungnahme der …Energiegenossenschaft vor, welche sie sich zu Eigen macht und führt aus: Nach § 1 KGO sei es u.a. Aufgabe der Kirchengemeinde, christliches Leben in der Gemeinde zu fördern und christliche Gemeinschaft in Gesinnung und Tat zu fördern. Zu diesem Zweck habe die Kirchengemeinde die erforderlichen Einrichtungen zu schaffen und zu erhalten. Hierzu gehöre auch die praktische Umsetzung der in vielen Denkschriften und Synodenbeschlüssen erklärten Schöpfungsverantwortung im Blick auf die Energiegewinnung und -nutzung. Die Kirchengemeinde wolle sich an der …Genossenschaft beteiligen, weil sie darin eine wichtige Möglichkeit sehe, das von Landeskirche und EKD verfolgte Anliegen energieeffizienten Wirtschaftens konkret umzusetzen. Als Kirchengemeinde mit 2500 Gemeindegliedern habe sie nur beschränkte Handlungsmöglichkeiten, könne dieses Anliegen aber durch Mitwirkung in einer Genossenschaft im Zusammenwirken mit anderen angemessen fördern. Es werde darauf verwiesen, dass auch die anfangs umstrittene Mitgliedschaft bei der internationalen Genossenschaft O. inzwischen genehmigt sei und von Mitgliedern der Kirchenleitung empfohlen werde. Nach § 2 KGO sei die Kirchengemeinde eine Körperschaft öffentlichen Rechts, welche ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken des Gesetzes selbständig ordne und verwalte. Der Bescheid des Oberkirchenrats vom 15.02.2012 schränke dieses Selbstverwaltungsrecht der Kirchengemeinde mit Blick auf ihre Verantwortung für die Schöpfung unzulässig ein. Auch § 71 der Haushaltsordnung solle das selbständige Handeln der Kirchengemeinde ermöglichen. Dessen Voraussetzungen seien hier gegeben: Die Vertretung kirchlicher Belange in Aufsichtsrat und Vorstand sei durch die Besetzung mit derzeitigen und ehemaligen kirchlichen Mitarbeitern sichergestellt. Auch bestehe durch die Beteiligung von Kirchengemeinden vor Ort bei der Realisierung von Projekten und die Schirmherrschaft von Prälatin W. eine starke kirchliche Ausrichtung der …Energiegenossenschaft. Außerdem sei die Beteiligung der Kirchengemeinde auf 20 Anteile zu je 100 EUR begrenzt, weshalb diese nur mit höchstens 2000 EUR hafte. Da zudem die Möglichkeit bestehe, sich bei Bedarf Anteile wieder auszahlen zu lassen, sei das Risiko einer Mitgliedschaft gering und könne von der Kirchengemeinde getragen werden. Der Jahresabschluss der …Energiegenossenschaft entspreche den gesetzlichen Vorschriften; eine Genossenschaft gehöre zu den transparentesten und am besten kontrollierten Unternehmensformen. Es sei auch nicht erkennbar, inwiefern sich - jedenfalls im kirchlichen Bereich - der angestrebte Zweck einer erneuerbaren Energieerzeugung besser und wirtschaftlicher erreichen lasse als durch eine Mitgliedschaft bei der …Energiegenossenschaft. § 71 Abs. 1 HHO sei daher sowohl dem Inhalt als auch dem Geist nach erfüllt. Der Hinweis des Oberkirchenrats auf das Energiewirtschaftsgesetz gehe fehl, da dort die Rahmenbedingungen formuliert würden, die auch außerhalb des Bereiches der Energieversorgungsunternehmen für Kundenanlagen gälten. Näheres regele das EEG, das im Interesse des Ausbaus erneuerbarer Energien gerade auch nichtstaatliche Akteure anspreche und diese nicht von ihrer gesellschaftlichen Verantwortung entbinde. Zur Realisierung der vereinbarten Energiewende brauche es aber Unternehmen wie die …Energiegenossenschaft.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Evangelischen Oberkirchenrates vom 15.02.2012 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die mit Schreiben der Klägerin vom 19.12.2011 beantragte Genehmigung nach § 50 Abs. 1 Nr. 12 KGO zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus: Die Klage sei bereits unzulässig, da für die isolierte Anfechtung des Ablehnungsbescheides vom 15.02.2012 kein Rechtsschutzbedürfnis bestehe. Denn mit der Aufhebung dieses Bescheides erlange die Klägerin noch keine Genehmigung ihres Beitritts zur …Energiegenossenschaft. Die Klage sei zudem auch unbegründet, denn die Klägerin habe keinen Anspruch auf Genehmigung ihrer Beteiligung an der …Energiegenossenschaft. Diese sei sowohl nach den aufsichtsrechtlichen Vorschriften der KGO als auch mit Blick auf die Regelungen der Haushaltsordnung zu versagen. In aufsichtsrechtlicher Hinsicht habe der Oberkirchenrat der Klägerin bei der Erfüllung ihrer Aufgaben zu helfen und diese vor Schaden zu bewahren (§ 49 Abs. 1 KGO). Der Erwerb von Genossenschaftsanteilen an der ..Energiegenossenschaft diene aber evident nicht der Erfüllung kirchengemeindlicher Aufgaben der Klägerin. Bei der …Energiegenossenschaft handele es sich um ein gewerbliches, nicht steuerbegünstigtes Unternehmen, das weder rechtlich noch tatsächlich der Evangelischen Landeskirche zugeordnet sei. Es sei insbesondere nicht als gemeinnützig anerkannt und betreibe auf dem Gebiet der Klägerin auch keine Energiegewinnungsanlage. Die Bereitstellung von Energie ohne unmittelbaren Bezug zum eigenen Verbrauch falle aber nicht in den Aufgabenbereich der Klägerin. Zwar sei der Klägerin nicht darin zu widersprechen, dass sie ihre Schöpfungsverantwortung praktisch umsetzen dürfe; sie sei insoweit aber auf ihren Gemeindebezirk und auf ihre Gemeindeglieder beschränkt. Dementsprechend seien die Kirchengemeinden in Nr. 1 der Ausführungsverordnung zur KGO auch auf die Schaffung von Einrichtungen entsprechend den „örtlichen Bedürfnissen“ verwiesen. Im Bereich des energieeffizienten, nachhaltigen Wirtschaftens habe die Klägerin ein weites Feld zur örtlichen Umsetzung, z.B. durch Wärmedämmung der kirchlichen Gebäude, Verwendung umweltverträglicher Fahrzeuge, Schaffung von Ausgleichsflächen etc. Dagegen bestehe keine Notwendigkeit, sich zur Umsetzung der selbst gesetzten ökologischen Ziele innerhalb der Kirchengemeinde an einem kommerziellen Unternehmen zu beteiligen. Die Beklagte müsse die Klägerin gem. § 49 Abs. 1 KGO auch vor Schaden bewahren. Denn dann, wenn die Klägerin als steuerbegünstigte Körperschaft sich an einem gewerblichen Unternehmen beteilige, bestehe die Gefahr, dass dies als gewerbliche Betätigung angesehen werden müsse mit der Folge, dass der steuerbegünstigte Status der Kirchengemeinde gefährdet werde. Hinzu komme, dass es in den Gremien der …Energiegenossenschaft keine angemessene Repräsentanz der beteiligten Kirchengemeinden gebe, welche diesen einen bestimmenden Einfluss auf das Unternehmen sichere. Es gebe auch keinen Markt, auf dem die Klägerin etwaige Genossenschaftsanteile zu fairen Preisen wieder zeitnah verkaufen könne. Hilfsweise und ergänzend sei auszuführen, dass die Klägerin auch aus haushaltsrechtlichen Gründen keine Genehmigung ihrer Beteiligung an der …Energiegenossenschaft beanspruche könne. Es gehe vorliegend nicht lediglich um eine bestimmte Geldanlage der Klägerin i.S.v. § 72 HHO, sondern um eine Unternehmensbeteiligung i.S.v. § 71 Abs. 1 HHO. Die in dieser Vorschrift genannten, kumulativ zu verstehenden Voraussetzungen für eine solche Beteiligung lägen aber nicht vor: Ein wichtiges kirchliches Interesse sei nicht anzunehmen, da das in der Haushaltsordnung normierte Haushaltsrecht ohne weiteres voraussetze, dass kirchliche Körperschaften im Rahmen ihrer Aufgabenbereiche handelten. Wie ausgeführt, falle die in Rede stehende Unternehmensbeteiligung aber nicht in den Aufgabenbereich der Klägerin als Kirchengemeinde. Unabhängig davon fehle es an einem „wichtigen kirchlichen Interesse“ aber auch deshalb, weil nicht erkennbar sei, dass kirchliche Aufgaben vorliegend nur in Form der Beteiligung an einem privaten Unternehmen erfüllt werden könnten. Des Weiteren setze § 71 HHO voraus, dass der angestrebte Zweck sich nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen lasse. Gerade dies sei hier aber der Fall, weil die Klägerin die Aufgabe, die Schöpfung zu bewahren, für ihren Bereich auch ohne Beteiligung an der …Energiegenossenschaft erreichen könne, etwa durch Wärmedämmung an kirchlichen Gebäuden oder durch Schulung von Mitarbeitern im Bereich des Energiesparens. Die in § 71 Abs. 1 Nr. 2 HHO geforderte Haftungsbegrenzung sei mit Blick auf § 40 der Satzung zwar gegeben, jedoch sehe die Satzung keine „angemessene Vertretung kirchlicher Belange“ im Aufsichtsrat oder einem entsprechenden Überwachungsorgan vor, wie es § 71 Abs. 1 Nr. 3 HHO verlange. Gründe dafür, ausnahmsweise abweichend von den Vorgaben des § 71 HHO eine Genehmigung zu erteilen, lägen nicht vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, die Gerichtsakten und die von der Beklagten übersandten zugehörigen Behördenakten verwiesen.
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Entscheidungsgründe

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Die Klage bleibt ohne Erfolg.
1. Sie ist als Verpflichtungsklage (§ 10 Abs. 1 KVwGG) statthaft. Denn die Klägerin begehrt die Verpflichtung der Beklagten, ihr die mit Schreiben vom 19.12.2011 beantragte und mit Bescheid des Oberkirchenrats vom 15.02.2012 verwehrte aufsichtsrechtliche Genehmigung für die vom Kirchengemeinderat am 15.09.2011 beschlossene Beteiligung an einem wirtschaftlich selbständigen Unternehmen zu erteilen. Ihr Antrag richtet sich mithin auf den Erlass eines Verwaltungsakts.
Der Klägerin steht auch die notwendige Klagebefugnis (§ 10 Abs. 2 KVwGG) zur Seite. Denn es erscheint nicht nach jeder Betrachtungsweise von vornherein als ausgeschlossen, dass die Verweigerung der beantragten Genehmigung ihr Selbstverwaltungsrecht verletzt. Nach § 2 Satz 2 KGO steht ihr als Kirchengemeinde das Recht zu, ihre Angelegenheiten innerhalb der Schranken des Gesetzes selbständig zu ordnen und zu verwalten. Hierunter fällt möglicherweise auch das Recht, sich innerhalb ihres Aufgabenbereichs (§ 1 KGO) an wirtschaftlichen Unternehmen zu beteiligen.
Ein Widerspruchsverfahren musste vor Klageerhebung nicht durchgeführt werden, da Entscheidungen des Oberkirchenrats nicht der Nachprüfung in einem Widerspruchsverfahren unterliegen (§ 42 VVZG-EKD i.V.m. § 14 Nr. 2 AEG VVZG-EKD). Die einmonatige Klagefrist (§ 34 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 KVwGG) ist hier eingehalten, denn Klage gegen den Bescheid vom 15.02.2012 wurde bereits am 14.03.2012 erhoben.
2. Die mithin zulässige Verpflichtungsklage ist aber unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Genehmigung für eine wirtschaftliche Beteiligung an der …Energiegenossenschaft. Die ablehnende Entscheidung des Oberkirchenrats vom 15.02.2012 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 78 Abs. 5 Satz 1 KVwGG).
Rechtsgrundlage für die erstrebte Genehmigungsentscheidung ist § 49 i.V.m. § 50 Abs. 1 Nr. 12 der Kirchengemeindeordnung (KGO). Nach § 49 KGO unterliegen Kirchengemeinden der Aufsicht durch das Dekanatamt und durch den Oberkirchenrat (vgl. § 50 Abs. 2 KGO). Die Aufsicht soll den Kirchengemeinden bei der Erfüllung ihrer Aufgaben helfen, sie und die ganze Kirche vor Schaden bewahren und ihre Verbundenheit mit der Kirche fördern. Die Aufsicht geschieht in Beratung, Empfehlung und Ermahnung sowie durch Aufsichtsmaßnahmen im Rahmen der folgenden Bestimmungen (§ 49 Abs. 1 KGO). Nach § 49 Abs. 4 KGO haben die aufsichtsführenden Stellen die Kirchengemeinden zur Einhaltung des kirchlichen und des für alle geltenden Rechts einzuhalten. Als spezielle Aufsichtsmaßnahme sieht § 50 KGO für bestimmte Fallkonstellationen Genehmigungsvorbehalte vor. Unter anderem hat die Kirchengemeinde bei „der Beteiligung an wirtschaftlich selbständigen Unternehmen“ die Genehmigung des Oberkirchenrates einzuholen (§ 50 Abs. 1 Nr. 12 KGO).
In Bezug auf die Beteiligung von Kirchengemeinden an wirtschaftlich selbständigen Unternehmen enthält das kirchliche Recht – dessen Einhaltung die aufsichtsführenden Stellen zu überwachen haben (§ 49 Abs. 4 Satz 1 KGO) – spezielle Bestimmungen in § 71 Abs. 1 und Abs. 4 des Kirchlichen Gesetzes über Planung kirchlicher Arbeit, Finanzmanagement und Rechnungswesen in der Evangelischen Landeskirche in Württemberg (Haushaltsordnung, HHO). § 71 Abs. 1 HHO bestimmt, dass sich kirchliche Körperschaften und Stiftungen an einem bestehenden Unternehmen des privaten Rechts nur beteiligen sollen, wenn (1.) für die Beteiligung ein wichtiges kirchliches Interesse vorliegt und sich der angestrebte Zweck nicht besser oder wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen lässt, (2.) sowohl die Einzahlungsverpflichtung als auch die Haftung auf einen bestimmten Betrag begrenzt ist, (3.) die kirchlichen Belange im Aufsichtsrat oder einem entsprechenden Überwachungsorgan angemessen vertreten sind, (4.) gewährleistet ist, dass der Jahresabschluss entsprechend den gesetzlichen Vorschriften aufgestellt und geprüft wird sowie (5.), dass die nach § 71 Abs. 2 HHO vorgesehenen Prüfungsformen vorgesehen und der Körperschaft oder Stiftung die dort genannten Prüfungsbefugnisse eingeräumt werden. Nach § 71 Abs. 4 HHO müssen Art und Umfang der wirtschaftlichen Betätigung des Unternehmens in einem angemessenen Verhältnis zur Leistungsfähigkeit der kirchlichen Körperschaft stehen und kann der Oberkirchenrat, wenn diese Voraussetzung gewährleistet ist, Ausnahmen von „Nr. 2“ zulassen.
Die in § 71 Abs. 1 HHO genannten fünf Voraussetzungen müssen nicht alternativ, sondern kumulativ vorliegen. Dies ergibt sich nicht nur aus dem klaren Gesetzeswortlaut, sondern auch aus dem Zweck der Regelung, der darin besteht, das Vermögen kirchlicher Körperschaften und Stiftungen zu erhalten und dessen Verwendung für kirchenfremde Interessen auszuschließen. Dies soll dadurch erreicht werden, dass die Beteiligung als solche kirchlichen Interessen dienen muss, eine effektive Einflussnahmemöglichkeit der kirchlichen Seite auf die unternehmerischen Entscheidungen des privaten Unternehmen sichergestellt ist und das unternehmerische Haftungsrisiko der beteiligten kirchlichen Körperschaft begrenzt wird. Liegen nicht alle dieser Voraussetzungen vor, so „soll“ sich eine kirchliche Körperschaft bzw. Stiftung nicht an einem privaten Unternehmen beteiligen. Dies bedeutet, dass in einem solchen Fall die Unternehmensbeteiligung grundsätzlich unterbleiben muss und der Oberkirchenrat diese Beteiligung grundsätzlich nicht genehmigen darf (vgl. § 71 Abs. 5 HHO und § 50 Abs. 1 Nr. 12 KGO). Lediglich in – von den kirchlichen Vorschriften allerdings nicht näher definierten - atypischen Ausnahmefällen kann eine Unternehmensbeteiligung trotz Nichterfüllung (einer oder mehrerer) der in § 71 Abs. 1 HHO genannten Voraussetzungen genehmigungsfähig sein.
Nach diesen Maßstäben ist im Falle der Klägerin zunächst offensichtlich, dass § 71 HHO Anwendung findet. Denn bei dem in Rede stehenden Anteilskauf handelt es sich nicht um eine Geldanlage i.S.v. § 72 HHO, sondern um eine Unternehmensbeteiligung i.S.v. § 71 HHO. Hiervon gehen auch die Beteiligten übereinstimmend aus. Im Bezug auf diese Unternehmensbeteiligung liegen zwar einige, nicht aber – wie erforderlich - sämtliche Genehmigungsvoraussetzungen des § 71 HHO vor. Hierzu im Einzelnen:
(a) Die Einzahlungsverpflichtung und Haftung der Kirchengemeinde ist entsprechend § 71 Abs. 1 Nr. 2 HHO auf einen bestimmten Betrag begrenzt. Denn das Risiko der Beteiligung an der …Energiegenossenschaft beschränkt sich auf den Verlust des Geschäftsanteils (hier: 2.000,00 EUR). § 40 der Unternehmenssatzung vom 24.04.2010 schließt eine Nachschusspflicht der Mitglieder ausdrücklich aus.
(b) Auch die Anforderung des § 71 Abs. 1 Nr. 4 HHO (Gewährleistung, dass der Jahresabschluss entsprechend den gesetzlichen Vorschriften aufgestellt und geprüft wird), ist nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung vom 14.02.2014 erfüllt. Denn die Satzung sieht entsprechende Prüfpflichten vor (§ 17 Abs. 2 Buchstaben g bis k). Der Vertreter der …Energiegenossenschaft, Herr K., hat hierzu in der mündlichen Verhandlung überzeugend ausgeführt, dass die …Energiegenossenschaft als eingetragene Genossenschaft einer intensiven Prüfung durch den Genossenschaftsverband unterliegt. Die Beklagte ist dem nicht entgegen getreten und geht ausweislich ihrer Klageerwiderung ebenfalls davon aus, dass die Anforderungen des § 71 Abs. 1 Nr. 5 HHO hier einer Genehmigung nicht entgegenstehen.
(c) Die in § 71 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 2 HHO aufgestellte Anforderung bestimmter Prüfungsformen und Prüfungsbefugnisse findet im Falle der Klägerin schon keine Anwendung und kann der beabsichtigten Unternehmensbeteiligung folglich auch nicht entgegen gehalten werden. Denn die Vorschrift nimmt mit ihrem Verweis auf „Absatz 2“ die Tatbestandsvoraussetzungen des § 71 Abs. 2 HHO in Bezug. Die von dieser Vorschrift verlangten erhöhten Prüfungsformen und Prüfungsbefugnisse werden aber nur dann ausgelöst, wenn kirchliche Körperschaften und Stiftungen über die Anteilsmehrheit an einem privaten Unternehmen verfügen. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Der Vertreter der …Energiegenossenschaft hat hierzu in der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar und unwidersprochen angegeben, dass die Unternehmensanteile sich mehrheitlich (zu etwa 85 bis 90 %) in der Hand privater Einzelanleger befinden. Der von der Klägerin beabsichtigte Anteilserwerb würde hieran nichts ändern.
(d) Die in § 71 Abs. 1 Nr. 3 HHO genannte Voraussetzung, dass „die kirchlichen Belange im Aufsichtsrat oder einem entsprechenden Überwachungsorgan angemessen vertreten sind“, ist hingegen nicht erfüllt. Entgegen der Rechtsauffassung der Klägerin reicht es in diesem Zusammenhang nicht aus, dass die …Energiegenossenschaft „durch Beteiligung der Kirchengemeinden vor Ort bei der Realisierung von Projekten, durch Mitarbeit von Einzelpersonen, welche im kirchlichen Dienst stehen sowie durch die Schirmherrschaft von Prälatin W. eine starke kirchliche Prägung und Ausrichtung hat“. Erforderlich ist vielmehr, dass die Satzung eine Vertretung kirchlicher Belange im Aufsichtsrat verbindlich und institutionell festschreibt, etwa dadurch, dass Vertreter von an dem Unternehmen beteiligten Kirchengemeinden zwingend im Aufsichtsrat vertreten sein müssen. § 71 Abs. 1 Nr. 3 HHO ist insoweit erkennbar der Parallelvorschrift des staatlichen Rechts zur Beteiligung von Kommunen an Unternehmen in Privatrechtsform nachgebildet (§ 103 Gemeindeordnung Baden-Württemberg, GemO). Auch § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GemO verlangt, dass die Gemeinde einen angemessenen Einfluss, insbesondere im Aufsichtsrat oder in einem entsprechenden Überwachungsorgan des Unternehmens, ausüben können muss und dieser Einfluss nicht nur faktisch besteht, sondern rechtlich durch Einräumung von Beteiligungs-, Mitsprache- und Kontrollrechten entsprechend der jeweiligen gesellschaftsrechtlichen Organisationsform des Unternehmens gesichert ist (Kunze/Bronner/Katz, Gemeindeordnung für Baden-Württemberg, § 103, Rdnr. 22ff; Gern, Kommunalrecht Baden-Württemberg, 9. Aufl. Rdnr. 407).
Eine angemessene Repräsentanz der kirchlichen Belange im Aufsichtsrat der …Energiegenossenschaft sieht die Satzung aber nicht vor (vgl. § 22). Hieran ändert sich auch nichts dadurch, dass - wie von der Klägerin vorgetragen - zahlreiche Aufsichtsrats- bzw. im Vorstandsmitglieder ein kirchliches Amt bekleiden. Es mag sein, dass aufgrund dieser Sachlage kirchliche Belange derzeit faktisch in diesen Gremien gut vertreten sind. Dies könnte sich aber jederzeit ändern, weil es keine Satzungsvorschrift gibt, die eine solche Vertretung auf Dauer rechtlich-institutionell sicherstellt.
Liegen damit nicht sämtliche Voraussetzungen für eine Beteiligung an einem privatrechtlichen Unternehmen vor, so muss die Unternehmensbeteiligung grundsätzlich unterbleiben. Anhaltspunkte dafür, dass hier eine atypische Sondersituation vorliegen könnte, welche es unter Umständen rechtfertigte, eine solche Beteiligung trotz Fehlens einer oder mehrerer Voraussetzungen – hier der Anforderung des § 71 Abs. 1 Nr. 3 HHO – doch zuzulassen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
e) Hat die Klägerin bereits aus den unter d) genannten Gründen keinen Anspruch auf die Erteilung der begehren aufsichtsrechtlichen Genehmigung, so könnte an sich dahingestellt bleiben, ob der Genehmigungsanspruch zusätzlich auch an den Anforderungen des § 71 Abs. 1 Nr. 1 HHO oder den Vorgaben des § 1 KGO scheitern würde. Aus Gründen der Klarstellung sieht sich das Gericht dennoch zu folgenden Ausführungen veranlasst:
aa) Dem Gericht erscheint fraglich, ob dem Oberkirchenrat in der Auffassung zu folgen sein dürfte, dass ein kirchliches Interesse i.S.v. § 71 Abs. 1 Nr. 1 HHO schon deshalb auszuschließen ist, weil die beabsichtigte Beteiligung der Klägerin an der …Energiegenossenschaft den örtlichen Wirkungskreis einer Kirchengemeinde verlassen dürfte. Schon der Wortlaut der Vorschrift, der einschränkungslos von „einem“ kirchlichen Interesse spricht, könnte möglicherweise so verstanden werden, dass das im Rahmen von § 71 Abs. 1 Nr. 1 HHO erforderliche „kirchliche Interesse“ nicht ein örtlich und räumlich auf das Gebiet der Kirchengemeinde beschränktes Interesse sein muss. Danach könnte es für die Annahme eines „kirchlichen Interesses“ bereits ausreichen, dass die Unternehmensbeteiligung überhaupt einem (anerkennenswerten) kirchlichen Belang im weiteren Sinne dient. Ob dieser Belang zu dem in § 1 KGO umschriebenen Aufgabenbereich der Ortskirchengemeinde oder zu dem in § 1 Abs. 5 Kirchenbezirksordnung umschriebenen Aufgabenbereich des Kirchenbezirks gehört oder ob es sich um eine genuin landeskirchliche Aufgabe handelt, wäre dann wohl nicht maßgeblich. Insoweit könnte ein Unterschied zu den staatlichen Parallelvorschriften in §§ 102 Abs. 1 Nr. 1 und 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GemO bestehen. Diese staatlichen Vorschriften, welche – analog zu § 71 Abs. 1 Nr. 3 HHO mit seiner Anknüpfung an den Begriff des „kirchlichen Interesses“ – voraussetzen, dass die Unternehmensbeteiligung einer Gemeinde dem „öffentlichen Zweck“ entspricht, werden allgemein dahin verstanden, dass der öffentliche Zweck von vornherein auf die örtliche Gemeinschaft und das Gebiet der Gemeinde bezogen und räumlich begrenzt ist (Kunze/Bronner/Katz, a.a.O. § 102 Rdnr. 36). Dieses Verständnis hat seine Rechtfertigung darin, dass Art. 28 Abs. 2 GG die Aufgabenwahrnehmung der Gemeinden prinzipiell auf die „Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft“ beschränkt. Eine vergleichbare Einschränkung kennt das Kirchenverfassungsgesetz der Württembergischen Landeskirche für Kirchengemeinden jedoch nicht. Auch § 1 KGO und § 2 Satz 2 KGO ist eine solche grundsätzliche Aufgabenbeschränkung nicht ohne weiteres zu entnehmen. Soweit die Ausführungsverordnung des Oberkirchenrats zu § 1 KGO davon spricht, dass die Kirchengemeinden Einrichtungen „entsprechend den örtlichen Bedürfnissen und in den Grenzen ihrer Möglichkeiten“ schaffen und erhalten, könnte dies möglicherweise auch nur für „Einrichtungen“ wie Kindergärten, Diakonieeinrichtungen u.ä. gelten. Eine darüber hinaus gehende prinzipielle Beschränkung des Aufgabenbereichs der Kirchengemeinden auf die „Angelegenheiten der örtlichen Kirchengemeinde“ könnte im Übrigen auch im Hinblick auf das in § 1 KGO zum Ausdruck kommende theologische Verständnis der örtlichen Kirchengemeinde als vollwertiger und prinzipiell „allzuständiger“ christlicher congregatio fraglich erscheinen.
bb) Bei der weiteren Frage, ob sich der angestrebte (im kirchlichen Interesse liegende) Zweck i.S.v. § 71 Abs. 1 Nr. 1 HHO nicht besser und wirtschaftlicher auf andere Weise erreichen lässt, dürfte der betreffenden kirchlichen Körperschaft oder Stiftung – hier: der klagenden Kirchengemeinde – ein vom Verwaltungsgericht, aber auch vom Oberkirchenrat nur begrenzt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zustehen. Denn die Antwort auf diese Frage hängt typischerweise von situativen Einschätzungen und Bewertungen ab, welche nur die betreffende kirchliche Körperschaft vornehmen kann (zum Parallelproblem bei §§ 102 Abs. 1 Nr. 1, 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GemO und dem auch hier anzunehmenden Beurteilungsspielraum der Gemeinde Kunze/Bronner/Katz, a.a.O. § 102 Rdnr. 32 m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 89 Abs. 1 KVwGG.